Personalberater Kathan

„Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“

Vorarlberg
31.08.2022 11:25

Welche Erwartungen können Unternehmer angesichts des Arbeitskräftemangels noch an ihre Bewerber haben? Wo müssen Abstriche gemacht werden? Antworten auf diese Fragen hat der Dornbirner Personalberater Christoph Kathan.

Wer derzeit auf Jobsuche ist, hat nicht nur gute Aussichten, sondern auch die besten Karten, um ein hohes Gehalt oder andere Benefits zu ergattern. „Die Verhandlungsposition der Mitarbeiter ist recht stark. Der Kampf um die Talente extrem. Irgendwer nimmt immer einem anderen den Mitarbeiter weg“, bestätigt Christoph Kathan vom Dornbirner Personalberatungsbüro Kathan & Sepp GmbH.

Gehaltsgrenzen werden überschritten
Gerade in kleineren und mittleren Unternehmen führe die Bewerbermarktsituation dazu, dass gehaltliche Grenzen überschritten werden. „Das sollte man aus wirtschaftlicher Sicht nicht tun“, meint Kathan. Wobei es sich ein kleines Unternehmen aber noch eher leisten könne, etwa für einen Buchhalter 1000 Euro mehr zu zahlen. „Ein größerer Arbeitgeber hat gewisse Gehaltsstrukturen und Richtlinien und tut sich schwer mit Ausnahmeregeln.“ Jene Arbeitgeber, die sich seit Jahren mit den Themen Employerbranding, neuen Arbeitszeitmodellen oder allgemein intensiv mit Personalmanagement beschäftigen - und dies auch leben - sind beim Werben um Arbeitskräfte eindeutig im Vorteil.

„Auf akute Mankos zu reagieren, ist schwierig“
Nicht leicht hingegen tun sich Unternehmer, bei denen die Mitarbeiter in der Vergangenheit nur „Mittel zum Zweck“ waren. Sich jetzt darum zu kümmern sei aber der falsche Zeitpunkt. „Das ist zu spät. Personalmanagement ist immer etwas, das man mittel- bis langfristig planen sollte. Auf akute Mankos zu reagieren, ist schwierig.“

Jüngere haben andere Vorstellungen
Unterm Strich müssten sich alle Arbeitgeber fragen, ob sie ihre Modelle mit Anwesenheitspflicht, Fünf-Tage-Woche und Vollzeitbeschäftigung nicht überdenken wollen. Immer wieder werde er mit Wünschen wie Vier-Tage-Woche, 80- statt 100-Prozent-Job und ähnlichem konfrontiert. „Ich habe einen Kunden, der einen 24-Stunden-Service anbieten muss. Doch auch wenn nur fünf Anrufe im Jahr kommen und es bis zu 300 Euro mehr zum Gehalt gibt, findet er keinen Mitarbeiter, der den Bereitschaftsdienst übernehmen will.“ „Ich will das weder positiv noch negativ werten. Aber die Vorstellungen gerade der jüngeren Generation haben sich einfach geändert. Die haben einen anderen Zugang zur Arbeit, denn es geht ihnen gut.“

Kompromisse sind unumgänglich
Sicher, viele Entscheidungsträger - gerade jene aus der Boomer-Generation - könnten sich mit der Einstellung der Jüngeren zur Arbeit nicht wirklich anfreunden. „Aber als Geschäftsführer kann ich heute nicht mehr sagen, dass Männer, die in Karenz gehen, keine Männer sind. Der Zug ist abgefahren.“ Und auch vom Wunsch, Vorarlberger einzustellen, müssten sich die Arbeitgeber verabschieden. „Es wird zwar gerne in der Region gesucht, aber wenn der Teich leergefischt ist, muss man in anderen Gewässern fischen. Ich muss großräumiger suchen. Ich muss - wie bei den Arbeitszeitmodellen - Kompromisse eingehen, denn der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“

Seine Köder, sprich Jobinserate, legt der Personalberater schon seit Längerem im Netz und auf Social-Media-Kanälen in Form von gezielten Kampagnen aus. „Mittlerweile geben wir allein dafür sechsstellige Beträge pro Jahr für unsere Kunden aus.“ Grundsätzlich müsse man zwischen aktiv Stellensuchenden und latent Veränderungswilligen unterscheiden. „Jemand, der aktiv einen Job sucht, geht auf eine klassische Seite oder ein Portal. Die anderen erreiche ich über Social Media, Radio - überall dort, wo sie sich aufhalten.“

Besser als nichts zu tun
Auch das Alter spiele eine große Rolle: „Wenn ich einen 50-Jährigen suche, gehe ich nach wie vor über die Printmedien, wenn ich aber die Generation „Z“ und Jüngere ansprechen möchte, ist nicht einmal Facebook das richtige Tool.“ Was hält Kathan von kreativen Anzeigen kleinerer Unternehmen, deren Ansprüche (Du musst nicht alle drei Minuten eine WhatsApp schreiben oder Insta checken) eher gering sind? „Ich glaube nicht, dass diese besonders erfolgreich sind. Aber es ist besser als gar nichts zu unternehmen.“

Kreativität funktioniere im übrigen nur, wenn die Ausschreibung authentisch sei. „Ein Bewerber merkt sofort, ob etwas konträr ist. Dann kommen noch Jobbewertungsportale wie ,kununu' hinzu, direkte Kommentarfunktionen auf Social Media - wenn dort so Dinge stehen, wie etwa, dass sich niemand ans Arbeitsrecht hält, ist das der absolute Super-GAU.“

Porträt von Vorarlberg-Krone
Vorarlberg-Krone
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