„Krone Vorarlberg“-Autor Harald Petermichl hat die EURO der Frauen in England mit großem Interesse und noch größerer Freude verfolgt. In der aktuellen Ausgabe seiner Kolumne „Ach, übrigens...“ blickt er vor dem würdigen Finalduell zwischen England und Deutschland auf ein großes Turnier zurück. Und erklärt den Unterschied zum „bubenbetriebenen Fußball“.
Im kommenden Jahr hätte das im Londoner Stadtbezirk Brent gelegene „British Empire Exhibition Stadium“, im Volksmund auch „The Twin Towers“ oder „Wembley Stadium“ genannt, seinen 100. Geburtstag gefeiert. Dazu wird es allerdings nicht kommen, weil schon zum 80. Wiegenfest die Bagger anrückten, um den altehrwürdigen Prachtbau dem Erdboden gleichzumachen, damit an selber Stelle das neue Wembley-Stadion errichtet werden konnte. Über 90.000 Sitzplätze verfügt die schmucke Arena und somit werden heute Abend ähnlich viele Besucher:innen einem Finale beiwohnen wie weiland 1966. Wieder lautet die Begegnung England vs. Deutschland, nur dass die Hauptdarsteller diesmal nicht Haller, Beckenbauer oder Seeler heißen, auch nicht Peters, Hurst oder Ball, sondern dass die Protagonistinnen Namen wie Russo, Mead und Bronze bzw. Hegering, Oberdorf und Popp tragen.
Dieses Endspiel markiert den mehr als würdigen Abschluss eines großen Turniers: 16 Teams in vier Gruppen und daher so gut wie keine Spiele, in denen es um nichts ging, was bei den Herren der Schöpfung auch mal so war, bevor der Gigantismus bei FIFA und UEFA Einzug gehalten hat. Im besten Sinne also eine Werbung. Nicht für den Frauenfußball, sondern für den Fußball. Vieles wird in Erinnerung bleiben: Die sensationellen Flanken der Österreicherin Verena Hanshaw aus dem Halbfeld ebenso, wie die von allen guten Trollen verlassene norwegische Abwehrreihe und natürlich die „Lionesses“ aus dem Mutterland, die sich im Laufe des Turniers derart oft in einen Rausch gespielt haben, dass der UEFA-Suchtpräventionsbeauftragte, wenn es ihn denn überhaupt gäbe, schlaflose Nächte haben müsste.
Bleiben wird auch ein eklatanter Fairness-Unterschied zum bubenbetriebenen Fußball: Nichts zu sehen von multiplen Überschlägen mit dreifacher Schraube nach einer leichten Berührung, mit denen es Herr Neymar beim „Festival International du Cirque de Monte-Carlo“ weit bringen könnte, kein gleichermaßen wildes wie sinnloses Gefuchtel mit imaginären Karten, um der Schiedsrichterin zu erklären, was sie zu tun habe - nichts davon. Bestes Beispiel eine Szene aus dem Halbfinale Frankreich gegen Deutschland, als Lina Magull sich tatsächlich an einem Schwälblein versuchte, aber sofort wieder auf den Beinen war, um sich anschließend, vom TV in Nahaufnahme eingefangen, von Gegenspielerin Wendie Renard ein paar in aller Ruhe und Klarheit ausgesprochene Worte à la „Ne refais pas ça, d’accord?“ anhören zu dürfen. So geht das auch und zwar auf allerhöchstem Niveau.
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