Import wegen Verbot

Gastronomie und Co. greifen weiter bei Käfig-Eiern zu

Österreich
16.05.2011 15:03
Das seit 2009 geltende Verbot der Käfighaltung in der Eierproduktion hat Österreich keineswegs "Käfig-Ei-frei" gemacht. Denn der Import von billigen Eiern aus dem Ausland ist nach wie vor erlaubt und offenbar auch beliebt. Die Gastronomie greife zum Teil "mit Vergnügen" zu Käfig-Eiern, sagt Benjamin Guggenberger von der Erzeugergemeinschaft Frischei. Dem Konsumenten bleibt das häufig verborgen. Die AMA führt deswegen jetzt ein Gütesiegel ein, bei Wirten und industriell erzeugten Produkten fordert man eine Kennzeichnungspflicht.

Der Anteil der seit Anfang 2009 prinzipiell Käfig-freien österreichischen Eier in der Gastronomie sei von 70 Prozent auf 30 bis 40 Prozent abgesackt, behauptet Guggenberger. Das Problem der Eiproduzenten: Während sie das beim Konsumenten nachweislich beliebte Käfigverbot erfüllen müssen, wurden Wirte, Teigwarenfabrikanten und andere Lebensmittelerzeuger nicht durch das Gesetz mit wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert.

Den Import verbieten kann man den Wirten freilich nicht, zumal nicht jedes Ei aus dem Ausland mittels Käfighaltung erzeugt worden sein muss und wohl auch nicht jeder Österreicher gegen Käfighaltung ist. Differenzierte Zahlen dazu hat selbst die Erzeugergemeinschaft nicht. Wissend um die allgemeine Ablehnung der Käfighaltungsform in Österreich fordert Guggenberger aber eine Kennzeichnungspflicht: Der Konsument müsse anhand der Speisekarte in der Gastronomie entscheiden können, ob er "ein slowakisches Käfig-Ei oder ein österreichisches Ei aus Bodenhaltung" haben wolle.

Einzelhandel praktisch Käfig-Ei-frei
"Österreich hat sowohl bei der Hygiene als auch im Tierschutz und bei der Fütterung mit nich genetisch verändertem Futter in der EU Meilensteine gesetzt. Mit einem solchen Qualitätsprodukt in den Nischensektor abzuwandern, darf nicht passieren", so Guggenberger. Das Problem erstreckt sich hauptsächlich auf Wirte und Verarbeiter wie Bäcker und die Lebensmittelindustrie. Im Einzelhandel seien nämlich praktisch keine Käfig-Eier mehr erhältlich.

Die 1.733 österreichische Eierproduzenten erzeugten im Jahr 2010 mit 5,5 Millionen Legehennen rund 1,4 Milliarden Eier. Davon gingen rund 40 Prozent in die Gastronomie und Hotellerie, 34 Prozent in den Einzelhandel und 22 Prozent in die verarbeitende Industrie. Der Rest werde als Jausen- und Osterei verkauft.

AMA-Gütesiegel für Industrielieferanten
In der verarbeitenden Industrie sei das "Ei nicht mehr sichtbar", erklärte AMA-Marketing-Chef Stephan Mikinovic bei der Pressekonferenz am Montag in Wien. Denn "immer mehr Nahrungsmittelproduzenten wie Bäckereien, Konditoreien, Nudelerzeuger stellen auf die Verwendung von Flüssig-Ei um".

Die AMA hat deswegen ein Gütesiegel für Eierprodukte gestartet. Ab sofort können Eierprodukte wie Eigelb, Eiklar und pasteurisiertes Vollei damit gekennzeichnet werden. Mit dem Gütesiegel sei sichergestellt, dass Eierprodukte aus Bio-, Freiland- und Bodenhaltung verwendet werden, so der AMA-Marketing-Chef. Hauptkriterien sind die Herkunft aus österreichischer Erzeugung, die alternative Haltung und die Naturbelassenheit. Die Auflagen für die Betriebe umfassen die Wareneingangskontrolle, Mängelüberprüfung, Einhaltung der Kühlkette, Chargenbildung für die Nachvollziehbarkeit der Herkunft und die innerbetriebliche Rückverfolgbarkeit der eingesetzten Rohstoffe sowie eine verpflichtende Erhitzung und Homogenisierung.

Insgesamt verarbeiten die vier größten österreichischen Eiaufschlagwerke pro Jahr rund 200 Millionen Eier zu flüssigen Eierprodukten für die Nahrungsmittelhersteller. Das größte österreichische Eiaufschlagwerk werde derzeit AMA-zertifiziert. Laut Guggenberger könnte der komplette Flüssig-Ei-Bedarf von den heimischen Legehennen gedeckt werden.

Erzeuger beharren auf EU-weitem Käfigverbot 2012
Ein Teil des Eier-Import-Problems, nämlich der Import von Eiern aus EU-Mitgliedsstaaten, sollte sich bald von selbst lösen. Ab Anfang 2012 soll nämlich in allen 27 EU-Staaten ein Käfighaltungsverbot gelten. Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Wlodkowski warnte am Montag aber davor, Ländern wie Polen wegen Umstellungsproblemen einen Aufschub beim Käfigverbot zu gewähren. "Österreich ist strikt gegen eine Verschiebung des Verbotes." Dies würde einen "gravierenden Wettbewerbsnachteil" für österreichische Eierproduzenten bedeuten.

Die EU-Staaten ringen seit einiger Zeit um eine neue Richtlinie für die Hühnerhaltung. Bisheriger Stand: Ab kommendem Jahr muss es mehr Platz für jede Legehenne geben. Waren es bisher 550 Quadratzentimeter (rund 23,4 mal 23,4 Zentimeter), sind es ab 1. Jänner 2012 dann 750 Quadratzentimeter (27,3 mal 27,3 Zentimeter) für eine sogenannte "ausgestaltete Käfighaltung". Neben der Ausweitung der Fläche für jedes Huhn soll es dann in den Betrieben auch weitere Erleichterungen wie eine Einstreu oder Sitzstangen geben. Polen, Rumänien und Bulgarien forderten im Februar allerdings eine Ausdehnung der konventionellen Käfighaltung bis 2017.

Vorreiter bei der Abschaffung der Käfighaltung sind in der EU übrigens Deutschland und Österreich. Hierzulande müssen die Eier im Verkaufsregal eindeutig gekennzeichnet sein. Aus dem Stempel geht unter anderem hervor, aus welchem Haltungssystem die Hühner stammen. "0" bedeutet Ökologische Erzeugung, "1" Freilandhaltung, "2" Bodenhaltung und "3" Käfighaltung.

WKÖ: Kennzeichnungspflicht wäre "Inländerdiskriminierung"
Für die Gastronomie lehnte am Montag Thomas Wolf, Geschäftsführer des Fachverbandes Gastronomie in der WKÖ, die Forderung nach Kennzeichnungspflicht ab: "Eine Kennzeichnung der Herkunft und Haltungsform von Eiern ist bei zusammengesetzten Gerichten in der Gastronomie nicht sinnvoll. Unsere Gastwirte beziehen Eier in der Regel von verschieden Anbietern. Dazu muss auch auf ausländische Produzenten zurückgegriffen werden, da die heimische Landwirtschaft gar nicht in der Lage ist, den Bedarf abzudecken. Dass der Anteil heimischer Eier in der Gastronomie von 70 auf 30 bis 40 Prozent zurückgegangen sei, scheint für uns eine reine Mutmaßung zu sein."

Der Fachverband der Lebensmittelindustrie bezeichnete die Idee der Kennzeichnungspflicht wiederum als "Inländerdiskriminierung": Tiergerechtigkeit sei ein wertvolles Gut, das von der Lebensmittelindustrie hoch gehalten würde, doch "bei einer verpflichtenden Kennzeichnung von Eiern können wir nur einen europaweit einheitlichen Weg gehen". Wolf verwies dabei auf das EU-weite Käfighaltungsverbot ab 2012, bei dem es auch aus Sicht der WKÖ keinen Aufschub geben dürfe. Außerdem unterstütze die WKÖ freiwillige Maßnahmen zur Herkunftskennzeichnung von Produkten, "wie dies etwa das AMA Gastrosiegel vorsieht, an dem sich bereits rund 1.300 Gastronomen österreichweit beteiligen". Laut WKÖ gibt es in österreich rund 70.000 Gastronomie-Betriebe.

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