„Sehen uns als Feinde“

Afghanische Journalisten von Taliban gefoltert

Ausland
09.09.2021 16:51

Hässliche Striemen und riesige blaue Flecken auf den Rücken zweier afghanischer Journalisten lassen kaum Platz für Zweifel: Die radikal-islamistischen Taliban haben die beiden brutal gefoltert. Die Reporter hatten zuvor über eine Demonstration in der afghanischen Hauptstadt Kabul berichtet. Dabei wurden sie aufgegriffen und in eine Polizeistation gebracht, wo sie nach eigenen Angaben mit Schlagstöcken, Elektrokabeln und Peitschen geschlagen wurden. Die Taliban beschuldigten sie demnach, die Demo organisiert zu haben.

„Einer der Taliban stellte seinen Fuß auf meinen Kopf und drückte mein Gesicht gegen den Beton. Sie traten mir gegen den Kopf ... Ich dachte, sie würden mich umbringen“, sagte der Fotograf Nematullah Naqdi gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Naqdi und sein Kollege Taqi Daryabi, ein Reporter, wollten über einen kleinen Protest von Frauen in Kabul berichten, die das Recht auf Arbeit und Bildung forderten. Dabei sei ein Taliban-Kämpfer auf sie zugekommen und habe sie aufgefordert, nicht zu filmen. „Sie verhafteten alle, die filmten, und nahmen ihnen die Telefone ab“, so Naqdi. Seine Kamera habe er noch jemandem in der Menge geben können, bevor ihn die Taliban festnahmen und in die Polizeistation brachten.

„Du hast Glück, dass du nicht geköpft wurdest“
„Die Taliban fingen an, mich zu beleidigen und zu treten“, sagte Naqdi und fügte hinzu, er sei beschuldigt worden, der Organisator der Kundgebung zu sein. Er habe gefragt, warum er geschlagen werde, woraufhin ihm gesagt worden sei: „Du hast Glück, dass du nicht geköpft wurdest.“ Naqdi wurde schließlich in eine überfüllte Zelle gebracht, wo er seinen Kollegen Daryabi fand, der ebenfalls verhaftet und geschlagen worden war. „Sie sehen uns als Feinde an“, sagte der Reporter.

Einige Stunden später wurden die beiden ohne Erklärung freigelassen. Zaki Daryabi, Chef der Zeitung „Etilaat Roz“, für die die beiden arbeiten, schrieb auf Twitter, dass die Journalisten danach innerhalb von vier Stunden viermal das Bewusstsein verloren: „Sie könnten jetzt tot sein.“

Gewalt gegen Pressevertreter häuft sich
Kurz nachdem die islamistische Terrorgruppe wieder die Macht in Afghanistan übernommen hatte, behauptete sie, die Pressefreiheit im Einklang mit islamischen Grundsätzen aufrechterhalten zu wollen. Journalisten werden aber zunehmend drangsaliert. In den vergangenen Tagen gab es zahlreiche Meldungen über Medienvertreter, die inhaftiert, geschlagen oder daran gehindert werden, über die Proteste zu berichten.

Nachdem es zahlreiche Demonstrationen gegen das neue Regime gab - viele davon von Frauen organisiert -, haben die Taliban am Mittwoch alle weiteren Proteste verboten. Diese sind nur noch mit Genehmigung des Justizministeriums erlaubt. Bereits zuvor hatten die Islamisten Demos mit Gewalt unterdrückt.

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