Kritik an Minsk

Timanowskaja wird „wohl nach Polen gehen“

Ausland
03.08.2021 08:33

Polen hat der belarussischen Olympionikin Kristina Timanowskaja, die nach eigenen Angaben nach Kritik an Sportfunktionären ihres Landes zur Rückkehr nach Belarus gezwungen werden sollte, am Montag ein humanitäres Visum ausgestellt. Die Sprinterin halte sich in „sicherem und gutem Zustand“ in der Botschaft in Tokio auf und werde in den nächsten Tagen nach Polen reisen. Österreich hatte im Vorfeld ebenfalls Hilfe angeboten: „Österreich duckt sich nicht weg“, so Außenminister Schallenberg. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki forderte Konsequenzen für die Führung in Minsk. 

Die Athletin „steht bereits in direktem Kontakt mit polnischen Diplomaten in Tokio“, gab Polens stellvertretender Außenminister Marcin Przydacz am Montag bekannt. Timanowskaja habe ein humanitäres Visum erhalten und Polen werde alles tun, „was notwendig ist, um ihr zu helfen, ihre Sportkarriere fortzusetzen“.

Kritik an Minsk: „Krimineller Versuch, Sportlerin zu entführen“
Przydaczs Landsmann und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki forderte Konsequenzen für die Führung in Minsk. Er sprach in einem Facebook-Posting (siehe unten) von einem „kriminellen Versuch, eine Sportlerin zu entführen, die kritisch gegenüber dem belarussischen Regime eingestellt ist“. Die „Aggression der belarussischen Sicherheitsdienste auf japanischem Gebiet“ müsse auf „entschiedenen Widerspruch der internationalen Gemeinschaft stoßen“. Morawiecki mahnte, dass die Olympischen Spiele ein Symbol des Friedens und des Fairplays sein sollten.

Schallenberg: „Wir haben sie erwartet“
Hilfe hätte die Sportlerin auch von anderen Staaten, etwa Tschechien oder Slowenien erwarten dürfen. Frankreichs Europaminister Clément Beaune hatte sich ebenfalls für politisches Asyl für die 24-Jährige ausgesprochen. „Das wäre eine Ehre für Europa“, sagte er dem Sender RFI. Auch die Alpenrepublik wäre bereit gewesen, Timanowskaja aufzunehmen. Außenminister Alexander Schallenberg sagte laut einem Newsletter der Tageszeitung „Die Presse“: „Wir haben sie erwartet. Es liegt an ihr, wofür sie sich entscheidet.“ Die Botschaft in Tokio sei darauf eingestellt gewesen, der Leichtathletin zu helfen. Doch Timanowskaja habe sich nicht gemeldet. „Österreich duckt sich nicht weg“, betonte Schallenberg.

Video: Timanowskaja sucht in polnischer Botschaft um Asyl an

Kritik an Sportfunktionären als Anstoß für Debatte
Die 24-jährige Sprinterin hatte Kritik in Online-Medien an den belarussischen Sportfunktionären geübt, weil sie bei den Olympischen Spielen in Japan ohne Rücksprache mit ihr für das 4x400-Meter-Rennen statt für den 200-Meter-Lauf aufgestellt worden war. Das belarussische Nationale Olympische Komitee (NOK) erklärte daraufhin, Timanowskaja scheide wegen ihres „emotionalen und psychologischen Zustands“ aus dem Wettbewerb aus.

„Stehe unter Druck“
Die Athletin wies die Behauptung zurück und bat das Internationale Olympische Komitee (IOC) um Hilfe: „Ich stehe unter Druck, und sie versuchen, mich gegen meinen Willen außer Landes zu bringen.“ Sie habe jedoch bei der japanischen Polizei um Schutz gebeten. Die Nacht von Sonntag auf Montag verbrachte sie unter Schutzvorkehrungen in einem Hotel auf dem Flughafen.

Das IOC hatte eine Stellungnahme des Belarussischen Olympischen Komitees angefordert, die Frist lief am Dienstag ab. Wann das IOC seine Ermittlungen abschließen werde, wollte der Sprecher nicht sagen. „Diese Dinge brauchen Zeit. Wir müssen der Sache auf den Grund gehen.“

Tonaufnahme geleakt
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hatte sich am Donnerstag über das schlechte Abschneiden seines Landes bei den olympischen Sommerspielen beklagt. Man müsse sich mit den Trainern beschäftigen, die dafür in erster Linie die Verantwortung trügen, sagte er. Eine geleakte Tonaufzeichnung zeugte davon, dass Sportfunktionäre Timanowskaja nach ihrer Kritik an ihnen drohten und sie aufforderten, nach Belarus zurückzukehren sowie zu schweigen.

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