In der vergangenen Woche hat sich der legendäre Kleinwalsertal-Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz gejährt. Dieser war damals wie ein Messias empfangen worden, hunderte Menschen hatten auf die geltenden Abstandsregeln gepfiffen, nur um dem Kanzler so nah wie möglich zu sein. Kritik und Häme folgten, selbst internationalen Medien war das Bad in der Menge Schlagzeilen wert.
Das Kleinwalsertal befand sich damals in einem Ausnahmezustand: Aufgrund der geschlossenen Grenzen waren die rund 5000 Einwohner der Enklave quasi von der Außenwelt abgeschnitten, dementsprechend herausfordernd gestaltete sich der Alltag.
Der Kanzlerbesuch in diesen schwierigen Zeiten sollte einerseits Solidarität mit den Bewohnern signalisieren, anderseits hatte Kurz auch gute Nachrichten - sprich das Versprechen auf eine baldige Grenzöffnung - mit im Gepäck. Die „Befreiung des Kleinwalsertals“ war also eine Mission, bei der er eigentlich nur gewinnen konnte: Ein Kanzler, der sich kümmert, ein paar nette Bilder mit Menschen, die ihm dafür dankbar sind.
Euphorie in der Talschaft
So gar nicht ins Drehbuch passte allerdings, was sich dann tatsächlich abspielte: Mehr oder weniger die gesamte Talschaft hatte sich zum Empfang versammelt, die Bewohner waren ob des hohen Besuchs derart euphorisiert, dass sich fast zwangsläufig der Vergleich zum Einzug des Messias nach Jerusalem aufdrängte. Und ähnlich wie beim biblischen Vorbild ließ die - mediale - Kreuzigung nicht lange auf sich warten: Die Opposition schäumte ob der Tatsache, dass die Corona-Regeln mit Füßen getreten worden waren, selbst internationalen Medien war des Kanzlers Bad in der Menge eine Story wert.
In einem Jahr kann sich so einiges ändern
Ob die Kleinwalsertaler Sebastian Kurz auch heute noch so anhimmeln würden, darf zumindest infrage gestellt werden. Und angesichts der aktuellen Schlagzeilen um seine Person wäre der Bundeskanzler wohl ganz froh darüber, wenn er die Sorgen von damals hätte.
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