Düstere Bilanz

Diebstahl-Delikte an öffentlichen Orten in Wien verdoppelt

Wien
21.12.2010 14:17
Eine kurze Frage nach dem Weg, Gedränge in der Straßenbahn und schon ist die Geldbörse weg. Diebstähle sind in großen Städten wie Wien seit jeher an der Tagesordnung. Gegenüber 2009 haben die Delikte aber deutlich zugenommen: Fast doppelt so viele Anzeigen nach Diebstählen an öffentlichen Orten wurden in den ersten drei Quartalen 2010 erstattet (9.211 gegenüber 4.978). Direkt in ihren Wohnhäusern wurden sogar viermal so viele Menschen bestohlen wie im Vorjahr (872 Anzeigen 2010 gegenüber 204 im Vorjahr).

Es sind die Tricks der ausgefuchsten Diebe, denen viele auf den Leim gehen, erklärte Friedrich Löscher von der Wiener Polizei den drastischen Anstieg. Beliebte Opfer sind vor allem Touristen, die große Bargeldmengen mit sich führen, kein Deutsch sprechen und daher leichter zu überlisten sind. "Einzeltäter sind bei Taschendiebstählen eher die Ausnahme. Es sind durchwegs Gruppen von drei oder mehr Personen unterwegs - Männer und Frauen gemischt", so Löscher. Sie geben sich gerne als Kriminalbeamte aus.

Täuschung mit gefälschten "Police"-Marken
Meist geben die Diebe vor, Falschgeld-Kontrollen durchführen zu wollen, erklärte Löscher. "Die Täter sind meist selbst aus dem Ausland und sprechen Deutsch nicht ohne Akzent." Ein Bandenmitglied fragt potenzielle Opfer daher erst einmal nach dem Weg, um sich zu vergewissern, dass sie die Sprache nicht verstehen. Ein Komplize spricht die Person wenig später erneut an - als Zivilpolizist mit einer schlecht nachgemachten Polizeimarke ausgestattet, teilweise sind es nur Imitate in englischer Sprache mit dem Aufdruck "Police".

Urlauber kennen die typischen Merkmale österreichischer Ausweise nicht und fallen oft auf den Trick herein: Auf den Vorwurf, Falschgeld zu besitzen, zeigen sie freimütig ihre Euro-Scheine her. Der "Polizist" beurteilt sie als in Ordnung und steckt sie scheinbar zurück in die Geldbörse - stattdessen wandert das Geld aber in die Tasche des Gauners. "Meist merken es die Opfer erst später", so Löscher. Eine zweite Variante ist die Durchsuchung nach vermeintlichem Suchtgift.

Viele gehen Autopannen-Trick auf den Leim
Bei den Einheimischen wenden die Diebesbanden laut Löscher seit einigen Monaten vor allem den Autopannen-Trick an: Einer der Täter weist alleinfahrende Lenker vor dem Aus- oder nach dem Einparken auf einen angeblichen Schaden am Reifen hin. Dieser bückt sich beim Nachschauen und ein Komplize schnappt sich rasch die Wertgegenstände im Auto - meist am Beifahrersitz liegende Taschen und Geräte. Vom Zentrum bis in den Westen Wiens registrierte die Polizei Delikte mit dieser Masche: In der Innenstadt, der Leopoldstadt, in Landstraße, Wieden und Margareten, sowie in Hietzing und Penzing liegen Anzeigen vor.

Rasierklingen als begehrteste Beute
Einen deutlichen Rückgang gab es in den ersten drei Quartalen 2010 beim Ladendiebstahl mit 3.099 Anzeigen verglichen mit 6.115 im gleichen Zeitraum 2009. "In Geschäften haben wir die Erfahrung gemacht, dass sehr oft Frauen mit Handtaschen unterwegs sind", erklärte Friedrich Löscher. Diebesbanden haben es vor allem auf Rasierklingen, elektrische Zahnbürstenaufsätze und Parfüms abgesehen, die sie im Ausland gut verkaufen können. "Das dürfte offensichtlich in östlichen Ländern begehrt sein", erklärte der Polizist.

Süchtige wiederum stehlen, was sie persönlich brauchen oder leicht zu Geld machen könne wie etwa Computerspiele. Manche Waren nehmen Dealer auch direkt anstelle von Barem entgegen, so Löscher. In Geschäften mit großem Kundenandrang wie auf der Kärntner Straße, der Mariahilfer Straße, der Meidlinger Straße, der Favoritenstraße und in Einkaufszentren kommt es zu den meisten Anzeigen.

Ältere Menschen und Frauen im Visier der Banden
Beim Taschendiebstahl in öffentlichen Verkehrsmitteln verzeichnete die Polizei in Wien in den ersten drei Quartalen 2010 einen leichten Rückgang der Anzeigen von 7.722 (2009) auf 6.406. In der kalten Jahreszeit seien Frauen generell mehr gefährdet, da Diebe an die Geldbörsen der Männer durch die dicken Jacken nicht so gut herankämen, erklärte Löscher. Hotspots seien Plätze mit großer Fluktuation wie Ein- und Ausstiegsplätze der Öffis am Schweden-, Stephans- und Karlsplatz.

Bei den Delikten in Wohnungen haben es die Täter laut Löscher auf ältere Opfer abgesehen. Neben den Bankanschluss-Diebstählen und -Überfällen, bei denen Banden Menschen gezielt auskundschaften, gebe es auch jugendliche Einzeltäter, die ihre Opfer zufällig auswählen, um an Bares für Suchtgift oder einen Besuch im Wettlokal zu kommen. Die Banden bestehen wie bei den Trickdieben aus durchschnittlich drei Mitgliedern, die sich an Örtlichkeiten mit mehreren Geldinstituten in geringer Entfernung - zum Beispiel Am Spitz in Floridsdorf - auf die Lauer legen.

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