Pannenserie

Chronologie zeigt Versagen heimischer Terrorabwehr

Wien
17.02.2021 06:01

Erstmals belegt eine genaue Zeitschiene das Multiorganversagen des Staatsschutzes in der Terrorabwehr. Denn das BVT leitete erst 13 Tage vor dem Anschlag Ermittlungen gegen den Wiener Dschihadisten wegen des Munitionskaufs in der Slowakei ein. Der Innenminister erhielt darüber gar keine Informationen, die Staatsanwaltschaft erst fünf Stunden nach der Terrornacht ...

Die Chronologie des Versagens zeigt auch, wie dringlich die Reform des umstrittenen polizeilichen Nachrichtendienstes in eine moderne, zeitgemäße Behörde im Kampf gegen Terrorismus ist. Hier die wichtigsten Eckpunkte der Antworten auf eine parlamentarische Anfrage der FPÖ:

  • Am 27. Juli 2020 erging die Information über den letztlich gescheiterten Munitionskauf von den Slowaken an das österreichische EUROPOL-Büro.
  • Am 24. August ersuchte das BVT das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung um Erhebungen, zwei Tage später wurden Vergleichsfotos an unsere Nachbarbehörden übermittelt. Anfang September urgierte man dann nochmals bei den Slowaken.
  • Erst am 20. Oktober, also 13 Tage vor dem Attentat, informiert das BVT wieder die Wiener Dienststelle in einem Schreiben, dass der spätere Killer als möglicher Kaufinteressent wiedererkannt wurde, und regte Ermittlungen an, die viel zu spät zur erhöhten Gefährdungseinstufung des verurteilten Dschihadisten führten. An andere Dienststellen wurde die Information freilich nicht weitergegeben.
Zitat Icon

Eine Weiterleitung dieser Info (Munitionskauf; Anm. d. Redaktion) an andere Dienststellen erfolgte nicht.

Aus der Anfragebeantwortung

  • Um 3.13 Uhr am 3. November, also mehr als fünf Stunden nach dem Ende der Terrorattacke im Herzen Wiens, wurde die Justiz über den versuchten Munitionskauf in Kenntnis gesetzt. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und seine Führungskräfte erst am nächsten Tag.

Auch der Endbericht zu Ermittlungspannen rund um den Terroranschlag von Wien liegt seit 10. Februar. Insbesondere beim Risikobewertungsprogramm für Gefährder, bei der Datenverarbeitung und dem Informationsfluss zwischen den einzelnen Behörden gebe es Reformbedarf.

Fakten

Anklagen: So gefährlich ist die IS-Terrorzelle
Die IS-Terrorzelle, die auch den Wiener Dschihadisten Kujtim F. radikalisierte, liegt im deutschen Nordrhein-Westfalen. Fünf Tadschiken, die den westlichen Lebensstil verachteten, bauten dort ihr eigenes fanatisches Netzwerk auf. Sie sammelten Geld für den Islamischen Staat, rekrutierten junge Radikale - darunter auch jenen Attentäter, der am 7. April 2017 in Stockholm mit einem Lkw vier Menschen ermordete. Mit Paintballspielen trainierten sie für den Einsatz, der sie 2019 nach Tirana führte. Für 40.000 Euro sollte ein albanischer Geschäftsmann mit einer in Österreich organisierten Waffe samt Schalldämpfer getötet werden. Mit jener Waffe sollte danach ein YouTuber erschossen werden, das SEK griff zu. Das fünfköpfige Netzwerk wurde jetzt vom deutschen Generalbundesanwalt angeklagt.

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