Nicht immer einfach

Der oberste Hüter von Recht und Gesetz

Vorarlberg
05.01.2021 06:30

Ein turbulentes Jahr liegt hinter Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher. Seine Mitarbeiter mussten die neuen Corona-Spielregeln durchsetzen - auch wenn das Verständnis dafür nicht immer sehr hoch war.

Wie hat sich die Zahl der Straftaten im Krisenjahr mit inzwischen drei Lockdowns entwickelt?

Während des ersten Lockdowns sind die Zahlen zurückgegangen. Das lag ganz einfach daran, dass die Menschen zu Hause waren. Über den Sommer hat sich das relativiert, im November und Dezember gab es wieder einen leichten Rückgang.

Welche Straftaten sind weniger geworden?

Im Prinzip gibt es in allen Bereichen Rückgänge. Ausnahmen sind eine Kellereinbruchsserie mit über 400 Delikten und Sachbeschädigungen. Bei letzterem handelt es sich meist um Vandalismus jüngerer Straftäter.

Wie sieht es mit häuslicher Gewalt aus?

Gewalt in der Familie ist leider mehr in den Vordergrund gerückt. Deutlich wird das an der Anzahl der Betretungsverbote. In den zweieinhalb Monaten zwischen Beginn der ersten Ausgangsbeschränkungen bis Ende Mai mussten Polizeibeamte insgesamt 90 Mal ein Betretungsverbot aussprechen. Das sind über 30 Fälle bzw. 60 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

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Gewalt in der Familie ist leider mehr in den Vordergrund gerückt. Deutlich wird das an der Anzahl der Betretungsverbote.

Hans-Peter Ludescher

Wie hat sich die Polizeiarbeit während der Coronakrise verändert?

Es war und ist eine große Herausforderung für uns, es kamen neue Aufgaben dazu und gerade zu Beginn gab es einige Unklarheiten. Es sind immer wieder neue Verordnungen erlassen worden. Und diese Neuerungen mussten innerhalb der Polizei zeitgerecht weitertransportiert werden. Für die Kollegen war es schwierig, immer am Laufenden zu bleiben und Recht auch rechtens anzuwenden.

Wie ist die Kommunikation intern abgelaufen?

Es war in der Tat nicht leicht, stets alle auf dem aktuellen Stand zu halten. Die Dienste der Kollegen verteilen sich auf die Wochenenden und die Nachtzeiten, sodass sie nicht jeden Tag im Dienst sind. Wir haben zu den üblichen Informationswegen ein eigenes Callcenter eingerichtet, in dem Mitarbeiter anrufen konnten, wenn sie Fragen hatten.

Welche neuen Aufgaben gab es für die Polizei?

Zum einen die Kontrolle neuer Covid-19-Verordnungen, ob der Abstand eingehalten wird, ob der Mund-Nasenschutz im Fahrzeug getragen wird usw. Zum anderen wurden und werden die Grenzen kontrolliert. Hier hat die Polizei zunächst nicht nur die Reisedokumente geprüft, sondern auch die Gesundheitsbehörde bei ihren Aufgaben unterstützt und die Covid-Einreisebestimmungen kontrolliert. Später hat dann das Bundesheer diesen Part übernommen. Seit 19. Dezember 2020 werden von uns wieder Einreisekontrollen durchgeführt.

Während des ersten Lockdowns wurden Strafen in Höhe von über 660.000 Euro verhängt. Waren die Kontrollen nicht zu streng?

Ich glaube, dass uns der Erfolg Recht gegeben hat. Und wir haben ja nicht von vornherein konsequent und streng kontrolliert. Die ersten zwei Wochen wurden alle daraufhin hingewiesen, was sie tun dürfen und was nicht. Erst danach wurde gestraft bzw. angezeigt. Aber auch wieder im Auftrag und Einvernehmen mit der Gesundheitsbehörde.

Es gab Beschwerden, der Verfassungsgerichtshof hat einige Regelungen aufgehoben. Wie empfinden Sie diese Entscheidungen?

Das nehmen wir zur Kenntnis. Unsere Aufgabe ist es, Gesetze und Verordnungen zu vollziehen. Der Inhalt der Gesetze liegt in der Verantwortung des Gesetzgebers. Der von Verordnungen in der Verantwortung der Verwaltungsbehörden, in diesem Fall der Gesundheitsbehörden. Und die Aufgabe der Gerichtshöfe ist es wiederum, die Gesetze und Verordnungen zu prüfen. So funktioniert ein Rechtsstaat.

Die Zahl der Corona-Strafen während des zweiten Lockdowns war erheblich niedriger. Warum?

Im Gegensatz zum Frühjahr ist es jetzt gesetzlich möglich, die Menschen auch abzumahnen. Etwa, wenn sie den Abstand nicht einhalten. Und wir haben rechtzeitig begonnen, unsere Netzwerkpartner wie etwa die offene Jugendarbeit stärker einzubinden. Jetzt ist es so, dass nicht gleich die Polizei in den Park fährt, wenn dort Jugendliche zusammensitzen, sondern ein Sozialarbeiter. Er soll informieren und dafür sorgen, dass die Maßnahmen verstanden und befolgt werden.

Es gibt nicht nur Jugendliche, die wenig Verständnis für Verbote und Einschränkungen haben. Wie beeinflusst das die Arbeit der Polizei?

Eine gewisse „Müdigkeit“ ist durchaus feststellbar, was auch damit zu tun hat, dass viele Bestimmungen und deren Auslegungen laufend angepasst und verändert wurden. Aufgrund der hohen Infektionszahlen und den damit verbundenen Herausforderungen im Gesundheitswesen, sehen viele aber doch wieder ein, dass es Sinn macht, Regeln einzuhalten.

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Natürlich ist es nicht leicht Leuten zu sagen, dass sie sich nicht so verhalten und nicht so frei bewegen dürfen, wie sie es gewohnt sind.

Hans-Peter Ludescher

Wie schwer haben sich Ihre Mitarbeiter getan, diese Regeln durchzusetzen?

Natürlich ist es nicht leicht Leuten zu sagen, dass sie sich nicht so verhalten und nicht so frei bewegen dürfen, wie sie es gewohnt sind. Polizeiarbeit hat viel mit Erfahrung zu tun und man lernt, wie man mit den Menschen reden muss. Gerade für die jüngeren Beamten waren solche Situationen aber nicht einfach.

Haben Sie Verständnis für Beschwerden über Ihre Mitarbeiter?

Dass sich der eine oder andere Bürger zu Unrecht geahndet gefühlt hat, verstehe ich. Prinzipiell haben meine Mitarbeiter ausgezeichnete Arbeit geleistet. Immer unter der Prämisse, dass alles neu und veränderlich war. Die Kollegen müssen stets in der Situation entscheiden und nicht nachdem sie alle Unterlagen gesichtet hatten. Deshalb war mir manche Kritik an der Polizeiarbeit etwas zu harsch.

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