Was tun mit Denkmal?

„Will, dass meine Kinder wissen, wer Lueger war“

Wien
13.07.2020 06:00

Am Wochenende ist die Lueger-Statue in Wien einmal mehr mit dem Wort „Schande“ beschmiert worden. Eine Petition der Jüdischen Hochschüler fordert ihren Abriss. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) erklärt der „Krone“, warum die Stadt offen für Dialoge, aber nicht für den Abriss ist.

„Krone“: Frau Stadträtin, die Stadt setzt bei der umstrittenen Statue auf eine Zusatztafel. Können Sie sich einen Abriss vorstellen?
Veronica Kaup-Hasler: Ich bin dafür, dass eine Stadt mit ihren Wunden umgeht und sie nicht aus dem Blick räumt. Deshalb halte ich Zusatztafeln für den richtigen Weg. Man muss sich ansonsten genau überlegen, wie weit man geht. Die Leopoldstadt ist nach einem Habsburger benannt, unter dem Judenverfolgungen großen Ausmaßes stattfanden. Würde man jetzt den Bezirk umbenennen? Also wie weit gehen wir?

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler

Von dem Ansatz, dass so ein Name in Geschichtsbücher gehört, man ihm aber nicht ein Denkmal im öffentlichen Raum setzt, halten Sie also nicht so viel?
Da müsste man sehr vieles umbenennen, damit ja kein Stein des Anstoßes da ist. Wir würden eine Stadt geschichtslos machen. Und ich bin sehr für einen öffentlich ausgetragenen Diskurs. Ich möchte, dass meine Kinder nachfragen, und ich will, dass sie wissen, wer Dr. Karl Lueger war - in seiner ganzen Vielschichtigkeit. Wenn wir nur noch positiv besetzte Ortsbezeichnungen hätten, würden wir Geschichtsklitterung betreiben. Wien hat in seiner Geschichte immer wieder Schuld auf sich geladen, diese muss auch im öffentlichen Raum erkennbar bleiben. Die Fassade unserer Gesellschaft ist brüchig.

(Bild: Tomschi Peter)

Was sagen Sie den Jüdischen Österreichischen HochschülerInnen, die den Abriss fordern?
Ich verstehe die Schmerzen. Ich würde gerne mit ihnen über den Umgang mit diesen Wunden sprechen. Ich halte die Kontextualisierung für einen guten Weg. Ich würde zumindest sehr lange und unter Einbindung aller Seiten darüber nachdenken, bevor man andere Schritte setzt.

Interview: Maida Dedagic, Kronen Zeitung

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