Pappfiguren-Protest

Pfleger packt aus: „Stehen kurz vor dem Kollaps“

Wien
01.03.2020 06:00
Ob St. Anna Kinderspital, Barmherzige Brüder oder Göttlicher Heiland – mit einem Pappfiguren-Protest machen die Kliniken auf den eklatanten Personalmangel aufmerksam. Jeder aufgestellte Kartonkollege steht dabei für einen aus Fleisch und Blut, der fehlt. Ein Pfleger sagt jetzt: „Wir befinden uns kurz vor dem Kollaps.“

Die Gewerkschaft vida und die Arbeiterkammer bekommen mit ihrer Aktion jedenfalls die Aufmerksamkeit, die ihre Mission auch benötigt. So wurden etwa im St. Anna Kinderspital am vergangenen Dienstag 180 Pappfiguren aufgestellt. Für 180 Kollegen, die so dringend benötigt werden. Eine der Hauptforderungen: 20 Prozent mehr Personal in Österreichs Krankenhäusern. Ein Wunschtraum. Der aber bald in Erfüllung gehen sollte, denn die Alternativen sind erschreckend.

Sie bekommen Essen, aber keine Zuneigung
„Wir stehen kurz vor dem Kollaps“, sagt ein Wiener Pfleger, der anonym bleiben möchte (Name, Alter, Dienststelle sind der „Krone“ bekannt). Der Mann arbeitet auf einer Station für Schlaganfallpatienten und sagt: „Wir können nicht jedem einzelnen Patienten die Aufmerksamkeit schenken, die er verdienen würde.“ Das heißt: Die Kranken werden grundversorgt, sie bekommen Nahrung, Körperpflege, werden bei „Körperausscheidungen unterstützt“. Was sie nicht bekommen: Zeit, Gespräche, Zuneigung.

„Aber genau das wäre für einen guten Heilungsverlauf wichtig“, so der Pfleger weiter. Aber statt besser wird die Situation schlechter. Denn: Kollegen kündigen, lassen sich in andere Häuser versetzen oder wechseln gleich die Branche. Auf der Schlaganfallstation ist ein Drittel der Mitarbeiter verloren gegangen. Ein Teil wurde nachbesetzt, ein Teil nicht. Die Folgen: Mehr Arbeit für weniger Leute – und noch weniger Zeit für die Patienten.

Und so werden Ärztekammer und Gewerkschaft weiter seelenlose Pappfiguren aufstellen, wo echte Mitarbeiter sein sollten.

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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