Studie zeigte Erfolg

Forscher wollen Alkoholsucht mit Partydroge heilen

Wissenschaft
28.11.2019 06:00

Mit einer Partydroge eine Alkoholsucht lindern - das klingt beinahe so, als würde man versuchen, ein Feuer mit Benzin löschen. Doch Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es mit dem Narkosemittel Ketamin gelingt, die Lust auf Bier, Wein und Spirituosen zu reduzieren. Die Substanz, mit der normalerweise Pferde betäubt werden, wird wegen seiner halluzinogenen Wirkung auch als Freizeitdroge missbraucht.

Ein Team von Forschern aus Großbritannien und den Niederlanden hat die Einsatzmöglichkeit der Droge bei der Therapie von Alkoholismus erforscht. Das Narkosemittel erschwert das Abspeichern von Erinnerungen - genau dieser Effekt soll bei der Behandlung von abhängigen Menschen zugutekommen, berichten die Forscher in einem Bericht im Fachmagazin „Nature Communications“. Ihnen gelang es, dass Abhängige ihre übliche Alkoholdosis auf die Hälfte zu reduzieren.

Mit Ketamin werden Erinnerungen an Rauscherfahrung „überschrieben“
Denn durch positive Erlebnisse im Alkoholrausch wird das Belohnungszentrum stimuliert. Wird öfter getrunken, prägen sich diese Erfahrung als Erinnerung ein. Dann reicht der Anblick oder Geruch eines alkoholischen Getränks aus, um ein heftiges Verlangen danach hervorzurufen. Diese Assoziationen sind nur sehr schwer aus dem Gedächtnis zu löschen - doch mit Ketamin gelingt dieses Kunsstück offenbar. „Im Grunde kapert die Droge das Belohnungszentrum im Gehirn, sodass am Ende bestimmte Reize mit der Droge assoziiert werden“, erklärt der Wissenschaftler Ravi Das von dem University College in London. Die gespeicherten Erfahrungen können also offenbar durch den Einsatz von Ketamin „überschrieben“ werden.

Entzug der Belohnung macht die Erinnerung instabil
Die Wissenschaftler testeten das mit 90 Probanden einer Risikogruppe, bei denen zwar kein Alkoholismus diagnostiziert wurde, die aber regelmäßig viel Bier trinken. Am ersten Tag durften sie ein kleines Glas ihres Lieblingsgetränks trinken, nachdem sie ein paar Fragen beantwortet hatten. Am zweiten Tag wurde ähnlich vorgegangen - doch das Bier wurde ihnen dann überraschend weggenommen. Dieser Entzug der Belohnung sollte die Erinnerung destabilisieren. Dann bekam ein Teil der Versuchsteilnehmer eine Dosis Ketamin verabreicht. Diese Prozedur wurde schließlich wiederholt.

Alkoholkonsum reduzierte sich auf die Hälfte
Es zeigte sich, dass jene Gruppe, die den Wirkstoff und kein Placebo verabreicht bekam, weniger Lust auf Alkohol hatten. Im Schnitt reduzierte sich der Konsum auf die Hälfte. Trotz Nebenwirkungen, die beim Langzeitkonsum von Ketamin auftreten können, wie eine Schwächung des Gedächnisses oder Depressionen, erhoffen sich die Wissenschaftler einen Durchbruch in der Suchttherapie. Denn es zeigten sich bei dem Experiment ein Erfolg, ohne dass die Testpersonen den Wirkstoff regelmäßig einnehmen mussten. Das sei bei anderen pharmakologischen Behandlungsmethoden anders - hier müsste man täglich Medikamente einnehmen, die teilweise schwere Nebenwirkungen haben, erklärte Dr. Ben Becker von der Chengdu-Universität in China.

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