Widerstand geleistet?

Dieser Aktivist muss sich vor Gericht verantworten

Wien
22.07.2019 12:59

Der erste Verhandlungstag in einem pikanten Prozess hat am Montag im Wiener Landesgericht stattgefunden: Ein 22-jähriger Klimaaktivist musste sich wegen versuchten Widerstandes vor Gericht verantworten. Es geht um einen Vorfall am 31. Mai am Rande einer Demonstration in der Wiener Innenstadt. Am Prozess ist auch einer jener Polizisten beteiligt, die an jenem Tag auf einen anderen Demonstranten brutal eingeschlagen haben sollen.

Die Bilder und Videos der völlig außer Kontrolle geratenen Demonstration machten Ende Mai Schlagzeilen.Polizisten fixierten einen der Demonstranten in Bauchlage am Boden und versetzten ihm mehrere Nierenschläge. Einer der an dieser Aktion beteiligten Polizisten soll wenig später im Zuge einer Amtshandlung mit jenem 22-Jährigen in Kontakt gekommen sein, der nun am Montag vor Gericht stand.

„Straßenblockade ist legitimes Mittel“
Der 22-jährige Deutsche, der in Wien Politikwissenschaften studiert, hatte damals auch an der Klima-Demo teilgenommen. „In Österreich ist der Verkehr das größte Problem. Weil die Politik zu langsam ist, ist eine Straßenblockade ein notwendiges und legitimes Mittel“, so der Student im Prozess. Er habe sich daher an einer Sitzblockade vor der Urania beteiligt, „wobei mir bewusst war, dass ich mich in einer verwaltungsrechtlichen Grauzone befinde“. Ein „strafrechtliches Fehlverhalten“ habe er damit aber nicht verwirklicht, betonte der 22-Jährige.

Angeklagter weigerte sich, Rucksack herzugeben
Als die Blockade von der Polizei aufgelöst wurde, ließen sich einige Aktivisten wegtragen, unter ihnen auch der Angeklagte. Weil sich der 22-Jährige nach dem Absetzen und bei der Identitätsfeststellung partout nicht von seinem umgehängten Rucksack trennen wollte, habe die Polizei befürchtet, er könnte gefährliche Gegenstände dabeihaben, wie ein junger Beamter als Zeuge erklärte. „Der Herr wollte nicht, dass der Rucksack durchsucht wird“, berichtete der 23 Jahre alte Polizist. Von dem Zeitpunkt an sei dessen zunächst passiver „in aktiven Widerstand übergegangen. Er war sehr wild, sag ich einmal. Es ist mit Armen und Beinen ausgeschlagen worden. Er war sehr unberechenbar.“

„Er hat sich total gewehrt“
Um den schlaksigen, nicht unbedingt kräftig wirkenden Studenten zu bändigen, waren laut Polizei mehrere Beamte notwendig. „Er hat um sich gehaut, um sich getreten. Er hat sich total gewehrt“, erinnerte sich eine junge Polizistin. „Unsere Amtshandlung ist korrekt abgelaufen“, betonte sie. Sie sei „mit den Füßen (des Angeklagten, Anm.) beschäftigt gewesen“ und habe diese fixiert.

Der Angeklagte betonte dagegen, er habe sich nur passiv verhalten. Dass in seiner Nähe ein in Bauchlage am Boden fixierter Demonstrant beinahe von einem Polizeiauto überfahren worden wäre - diese Amtshandlung wird von der Staatsanwaltschaft untersucht -, „hat meine Kooperationsbereitschaft beeinflusst“, räumte der Student ein.

„Bin mit dem Kopf auf den Asphalt geschlagen“
„Ich war nicht willig, meinen Rucksack sofort herzugeben, wie es die Polizei wollte“, stellte er fest. Da habe ihn die Polizei „ohne Vorwarnung auf die Seite gehaut, dass ich mit dem Kopf auf den Asphalt geschlagen bin“, behauptete der 22-Jährige. Er sei verletzt worden, habe eine Rissquetschwunde an der Stirn erlitten und geblutet. Am Boden liegend, hätten Beamte weiter auf ihn „eingewirkt“, mit Schlägen, Tritten, möglicherweise auch Kniestößen.

Der Wiener Anwalt Clemens Lahner, der den 22-Jährigen vertritt, hat beim Landesverwaltungsgericht eine Maßnahmenbeschwerde eingebracht, weil die Amtshandlung seiner Ansicht nach rechtswidrig war. Der 22-Jährige sei von den Beamten „grob umgedreht“ worden, obwohl er sich „nur passiv verhalten und nicht bewegt hat“, stellte Lahner am Landesgericht klar. Die Verhandlung wurde auf den 7. Oktober vertagt.

Solidaritätsaktion vor Gericht
Vor Verhandlungsbeginn hielten Klimaaktivisten eine Mahnwache vor dem Haupteingang des Wiener Landesgerichts für Strafsachen ab, um sich mit dem Angeklagten solidarisch zu zeigen. An der Fassade wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Gerichte nur zum Essen - Freiheit für alle“ befestigt.

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