28.11.2018 06:00 |

Sozialhilfe-Reform

Weniger Geld für alle ohne Deutschkenntnisse

Nach langem Hin und Her legen ÖVP und FPÖ am Mittwoch ihre Reform der Mindestsicherung vor. Wer schlecht Deutsch oder Englisch spricht, bekommt künftig nur noch 560 Euro pro Monat. Die Bezüge für Kinder sinken in größeren Familien massiv, betroffen sind also nicht nur Zuwanderer. Und: Der Zugriff auf Vermögen bleibt erhalten.

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Mauerbach, im Mai 2018: Als sich die noch junge Koalition aus ÖVP und FPÖ zur Klausur traf, brachte sie gleich einen Aufreger mit: die Kürzung der Mindestsicherung. Eigentlich, so der Plan, hätte diese im Juni in ein Gesetz gegossen werden sollen.

Doch die Verhandlungen verliefen zäh, ÖVP und FPÖ feilschten noch monatelang. Nun aber liegt die Einigung vor, präsentiert soll sie beim Ministerrat werden. Die „Krone“ kennt die Reform schon vorher - ein Blick auf die wichtigsten Fragen.

  • Wer bekommt nun künftig weniger Mindestsicherung?
    Von Kürzungen betroffen sind Personen, die keinen österreichischen Pflichtschulabschluss haben und schlecht Deutsch oder Englisch sprechen. Dies zielt auf Ausländer und vor allem Flüchtlinge ab - weil diese rechtlich aber nicht direkt schlechtergestellt werden dürfen, tut es Türkis-Blau durch die Hintertür. Der Flüchtlingsanteil unter Sozialhilfe-Beziehern beträgt ein knappes Drittel, rund die Hälfte hat keinen österreichische Pass. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen keine Sozialhilfe mehr. Weniger Geld gibt es auch für Familien mit mehreren Kindern. Für Alleinerzieherinnen sind indes Verbesserungen geplant.
  • Wie kräftig fällt die Kürzung für die Betroffenen aus?
    Statt wie bisher 863 Euro gibt es grundsätzlich nur noch 560 Euro für Bezieher ohne Deutsch- oder Englischkenntnisse. Rund ein Drittel dieses Betrags sind für Wohnkosten gedacht, darüber hinaus ist ein Zuschlag von bis zu 168 Euro möglich. Für Kinder werden die Bezüge „degressiv“ gestaltet - sprich: Für das erste Kind werden 215 Euro überwiesen, für das zweite knapp 130 Euro und ab dem dritten nur noch 43 Euro. Bisher gab es pro Kind meist mehr als 200 Euro.
  • Sind davon also auch Österreicher betroffen?
    Ja, wenn auch vorrangig nur von den abschmelzenden Beträgen für Kinder.
  • Wo muss man nachweisen, dass man Deutsch spricht?
    Zum Beispiel beim Integrationsfonds oder bei der jeweiligen Behörde. Dies müssten dann wohl auch Österreicher ohne Schulabschluss tun.
  • Wird weiterhin auf vorhandenes Vermögen zugegriffen?
    Ja, obwohl die FPÖ dies abschaffen wollte. Vermögen ist grundsätzlich also zu verbrauchen, bevor jemandem Sozialhilfe zusteht. Ein Kompromiss sieht nun neben kleineren Erleichterungen aber vor, dass die Länder erst nach drei Jahren auf Wohneigentum der Bezieher zugreifen.
  • Sind Arbeitslosengeld und Notstandshilfe betroffen?
    Noch nicht, dieser Teil der Reform wurde ausgelagert und soll erst in einigen Monaten behandelt werden. Jedoch knistert es in dieser Causa jetzt schon: Während FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einen Verbleib der Notstandshilfe verspricht, erklärte der Regierungssprecher, dass die Notstandshilfe im Arbeitslosengeld aufgehen werde.
  • Ist das nun das Ende im Streit um die Sozialhilfe?
    Vermutlich nicht, denn die Länder können sich vorerst weigern, die Kürzung umzusetzen. Zumindest in Wien wird das erwogen. Den Streit schlichten müsste der Verfassungsgerichtshof - dieser könnte jedoch auch die türkis-blaue Kürzung kippen.

Klaus Knittelfelder, Kronen Zeitung

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