Nach Papst-Kritik

Erzbischof Vigano bangt jetzt um sein Leben

Ausland
29.08.2018 15:26

Carlo Maria Vigano, jener Erzbischof, der dem Papst vorgeworfen hat, die Beschuldigungen gegen den bekannten US-Kardinal Theodore McCarrick ignoriert und Strafmaßnahmen gegen den Geistlichen aufgehoben zu haben, bangt offenbar um sein Leben. Vigano, der in einem elfseitigen Schreiben offen den Rücktritt des Pontifex fordert, soll laut einem italienischen Medienbericht aus Sicherheitsgründen Italien verlassen und an einem geheimen Ort Zuflucht gesucht haben.

Vigano, von 2011 bis 2016 Vatikan-Botschafter in Washington, behauptet in seiner Niederschrift, er habe Papst Franziskus bereits im Sommer 2013 persönlich gesagt, der ehemalige Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick habe „Generationen von Seminaristen und Priestern verdorben“ und sei von Benedikt XVI. zu einem zurückgezogenen Leben in Buße „verurteilt“ worden. Hintergrund waren laut Vigano zahlreiche homosexuelle Aktivitäten des prominenten Kardinals. In einem Interview mit einem Journalisten der RAI-Senderfamilie dementierte Vigano, aus Rache gegen Franziskus gehandelt zu haben, weil dieser ihn nicht zum Kardinal ernannt habe. Er habe sein „Memorandum“ lediglich veröffentlicht, weil die Korruption die Spitze der kirchlichen Hierarchie erreicht habe.

Franziskus hatte am Sonntag erklärt, er habe Viganos Brief gelesen. „Lesen Sie den Brief aufmerksam und fällen Sie Ihr eigenes Urteil“, meinte der Papst zu Journalisten. „Wenn etwas Zeit vergangen ist und Sie Ihre Schlüsse gezogen haben, werde ich mich vielleicht äußern“, sagte Franziskus. Aus Vatikan-Kreisen verlautete, dass der Papst über Viganos Vorwürfe „verbittert“ sei, er hege jedoch keinerlei Rücktrittsabsichten.

US-Staatsanwalt verfügt über Beweise für Vertuschung
Pennsylvanias Staatsanwalt Josh Shapiro erklärte unterdessen, er verfüge über Beweise, dass der Vatikan über Vertuschung von sexuellem Missbrauch in der US-Kirche Bescheid gewusst habe. Er könne aber nicht überprüfen, ob Franziskus selbst Kenntnis von den Verbrechen von Priestern gehabt habe, sagte Shapiro am Dienstag in der Sendung „Today“ des Nachrichtensenders NBC. Seit Bekanntmachung des Reports für die katholischen Diözesen im Bundesstaat Pennsylvania habe es über die Hotline rund 700 weitere Hinweise auf Sexualstraftaten gegeben.

Die Grand Jury machte nach Shapiros Angaben handschriftliche Notizen ausfindig, in denen der Missbrauch in geheimen Archiven detailliert beschrieben worden sei. Kleriker seien vom Bostoner Kardinal Bernard Law gezwungen worden, „alles“ zu dokumentieren. Diese Politik bezeichnete der Staatsanwalt als „unerklärlich“. Er beklagte, Kirchenführer hätten „Gemeindemitglieder am Sonntag belogen, die Öffentlichkeit belogen, die Täter vor der Öffentlichkeit geschützt, aber alles dokumentiert und es in Geheimarchive gelegt“.

Vertuschung vieler Fälle bis zur Verjährungsfrist gelungen
Nach dem, was die Täter den jungen Menschen angetan hätten, sei es bitter zu sehen, wie die „Vertuschung vieler Fälle bis zur Verjährungsfrist“ gelungen sei, so der Generalstaatsanwalt. „Wenn wir irgendeinen Fall vor Gericht bringen können, gegen irgendeinen übergriffigen Priester oder irgendjemanden, der es vertuscht hat, werden wir es tun“, sagte Shapiro.

US-Kardinal hält Rücktrittsforderung für legitim
Der US-Kardinal Raymond Burke sieht die Rücktrittsforderung Viganos an den Papst grundsätzlich als legitim an. „Jeder kann sie gegenüber jedem Oberhirten stellen, der sich in der Ausübung seines Amtes schwerwiegend verfehlt, aber die Fakten müssen geprüft werden“, sagte Burke der italienischen Zeitung „La Repubblica“. Mit Blick auf Franziskus könne er allerdings nicht sagen, ob dieser Fehler begangen habe. Der frühere Leiter des Obersten Gerichtshofes des Vatikan sprach in dem Interview mit der italienischen Zeitung auch ein grundsätzliches „Problem“ im Vatikan an: Manche Kirchenmänner „vertreten eine offene und verfehlte Haltung hinsichtlich der Homosexualität“. Es gebe „Versuche, die Lehre der Kirche zu relativieren, nach der ein homosexueller Akt in sich schlecht ist“, so Burke.

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