Neben Toter gelebt:

Demente nicht allein lassen

Oberösterreich
26.03.2018 05:43

Eine Woche lebte ein (wie berichtet) hochbetagter Linzer neben seiner verstorbenen Frau. Aufgrund seiner Demenzerkrankung merkte er nicht, dass sie tot war, sondern glaubte, sie schliefe. Ein Verhalten, dass bei dementen Menschen nicht selten ist. Diese Alterskrankheit wird drastisch zunehmen, warnen Experten.

Die fast 80-jährige Linzerin hatte ihren dementen Ehemann alleine gepflegt. Das ist für die Linzer Vizebürgermeisterin Karin Hörzing auch die Erklärung, warum der Vorfall erst nach einer Woche entdeckt wurde. Die Tochter, die im Ausland lebt, hatte Alarm geschlagen, als sie ihre Mutter nicht erreicht hatte. Zu den Nachbarn hatte der Ehemann gesagt, seine Frau schlafe.

Gefürchtete Krankheit
Was ist Demenz? An sich ist der Verlust von Gehirnzellen mit zunehmendem Alter ein natürlicher Vorgang. Bei dieser Krankheit läuft das Absterben von Gehirnzellen jedoch viel rascher ab. Die Symptome sind oft Gegenstand von Scherzen, den betroffenen ist aber gar nicht nach Lachen zumute: Es sind zunehmende Vergesslichkeit und fortschreitende Beeinträchtigung wichtiger Gehirnfunktionen. Demenzkranke können ihren Alltag immer weniger selbstständig bewältigen, oftmals können sich ziemlich mühsame Verhaltensweisen entwickeln.

Aktuellen Schätzungen zufolge leben in Österreich 130.000 Personen mit irgendeiner Form von Demenz. Weil die Bevölkerung immer älter wird, wird sich dieser Anteil jedoch bis zum Jahr 2050 verdoppeln.

Wie man mit Demenz – die häufigste Form ist Alzheimer – richtig umgeht, erzählt Edith Span, Geschäftsführerin des Bad Ischler Vereins MAS Alzheimer im Interview unten.

Edith Span leitet den mehrfach ausgezeichneten Verein MAS Alzheimerhilfe in Bad Ischl. Sie erklärt das Verhalten des betagten Linzers.

„Krone“:Der Linzer Fall schockiert.

Span: Das ist für einen Demenzkranken aber nicht untypisch. Für ihn hat sie ja wirklich geschlafen. Wichtig war für ihn die Anwesenheit, die hat ihm genügt. Er war nicht allein, es ist jemand da. Demenzkranke sind unglücklich, wenn sie keine vertrauten Personen um sich haben, und ihr Zustand verschlechtert sich rapide.

„Krone“: Viele fühlen sich bei der Diagnose Demenz abgestempelt und ausrangiert.

Span: Mit richtigem Training sowie Begleitung durch Psychologen und Sozialarbeiter können Demenzkranke sehr lange ein eigenständiges Leben führen. Wichtig ist, dass es ein dichtes Netz gibt, in dem sie eingebunden sind.

„Krone“:Eine frühe Diagnose bringt auch einiges.

Span: Durch intensive Förderung kann man sich seine Fähigkeiten lange erhalten, die Pflege soll erst zum Schluss nötig sein.

„Krone“:Wer mit Dementen zu tun hat, weiß, dass es zu Eskalationen kommen kann.

Span: Dagegenreden führt zur Konfrontation. Ein ruhiger Zugang, wo man das Gefühl vermittelt, den Kranken ernst zu nehmen, ist besser.

Christoph Gantner/Kronen Zeitung

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