Am 7. August, bereits drei Tage nach seiner Inhaftiertung, war Gaganpreet Singh K. in einen Hungerstreik getreten. Die wochenlange Essensverweigerung - eine Zwangsernährung von Häftlingen ist in Österreich nicht erlaubt - soll aber nichts mit seinem Tod zu tun haben, zumal der Häftling zwischendurch auch gegessen haben dürfte. "Nach derzeitigen ärztlichen Erkenntnissen konnte kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen Hungerstreik und Todesursache gefunden werden", so die Polizei.
Polizei wünscht Obduktion
Der Exekutive zufolge attestierte der Amtsarzt noch am Sonntag die Haftfähigkeit des 20-Jährigen. Der junge Mann wurde täglich untersucht. Montag früh gegen 6.15 Uhr habe der Aufsichtsbeamte beim Wecken keine Auffälligkeiten festgestellt. Etwa eine Stunde später brach Gaganpreet Singh K. laut Aussagen von Mithäftlingen in der Zelle zusammen. Reanimationsversuche durch den Amtsarzt und einen Notarzt blieben erfolglos. Eine gerichtsmedizinische Obduktion wurde vorgeschlagen, so die Polizei.
"Der Hungerstreik verlief an sich komplikationsfrei"
In der früh war Gaganpreet Singh K. laut Jochen Rausch, dem stellvertretenden Chefarzt des Innenministeriums, noch munter und ansprechbar: "Er wurde gefragt, ob er frühstücken möchte, was er verneinte. (...) Der Hungerstreik verlief an sich komplikationsfrei", betonte Rausch. "Es war zwischenzeitlich sogar eine Nahrungsaufnahme feststellbar." Gaganpreet Singh K. habe laut den medizinischen Akten nach mehreren Wochen Gewichtsreduktion über einige Tage hinweg insgesamt drei Kilo zugenommen.
Über seinen Gesundheitszustand gebe es eine lückenlose Aufzeichnung der täglichen medizinischen Untersuchungen, die keine Auffälligkeiten zeige, so Rausch. Bei den letzten beiden Arztvorführungen habe der Inder bestimmte Untersuchungen verweigert. Seinen Allgemeinzustand, Puls, Blutdruck, Temperatur und Gewicht habe er allerdings auch da kontrollieren lassen.
Nach negativem Asylbescheid untergetaucht
Gaganpreet Singh K. war laut Polizei 2006 illegal eingereist und hatte um Asyl angesucht. Dieses Gesuch sei heuer rechtskräftig abgelehnt worden, der Bescheid sei mit der Ausweisung verbunden gewesen. Der 20-Jährige sei untergetaucht. Aufgegriffen wurde er am 3. August in Floridsdorf, wo er laut Oberst Josef Zinsberger, Leiter der erst Anfang dieses Monats gegründeten Abteilung für fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug, an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Ein Tag später wurde die Schubhaft über ihn verhängt.
"Innerhalb der ersten 24 Stunden wurde er auf Haftfähigkeit untersucht", sagte Zinsberger. Das sei zwar keine Gesundenuntersuchung, beinhalte aber bestimmte Parameter, die für die Haftfähigkeit wichtig seien. Bei Gaganpreet Singh K. wurden keine Auffälligkeiten festgestellt, "der war gesund, kann man sagen". Am 7. August trat der 20-Jährige in den Hungerstreik. "Er wurde täglich auf seine Haftfähigkeit untersucht", betonte der Oberst.
Der 20-Jährige sei ein völlig unauffälliger Häftling gewesen, betonte Zinsberger. Es gebe keinerlei Einträge, er habe sich völlig ruhig verhalten. Laut Golob habe er regelmäßig Besuch von Verwandten und NGO-Vertretern erhalten. Das sei dokumentiert.
Fekter: "Sehr bedauerlich"
Innenministerin Maria Fekter, derzeit auf Regierungsklausur in Salzburg, bedauerte den Tod 20-jährigen Inders in einer kurzen Stellungnahme. Eine Obduktion müsse die genaue Todesursache klären. Der Menschenrechtsbeirat sei bereits informiert, versicherte die Ministerin eine lückenlose Aufklärung der Umstände.
Eine Verschiebung des umstrittenen Fremdenrechtspakets bei der Regierungsklausur (ausführlicher krone.at-Bericht in der Infobox) wird es anlässlich des Todesfalles aber nicht geben. Die angedachten Maßnahmen beträfen auch in keiner Weise den Punkt Nahrungsverweigerung in der Schubhaft, so Fekter.
Ein Drittel der Schubhäftlinge im Hungerstreik
Hungerstreiks in Schubhaft sind keine Ausnahme. Laut Fekter verweigert ein Drittel der Schubhäftlinge derzeit die Nahrungsaufnahme. Nach einem gewissen Gewichtsverlust würden die Personen entlassen. "Das wissen viele", so die Innenministerin.
Im Polizeianhaltezentrum am Hernalser Gürtel befinden sich derzeit 37 der rund 180 Schubhäftlinge in Hungerstreik. Warum Gaganpreet Singh K. in den Hungerstreik getreten sei, habe er den Polizisten nicht erklärt. "In der Regel treten Schubhäftlinge in den Hungerstreik, um die Haftunfähigkeit zu erreichen." Dabei gebe es mildere Formen des Streiks und konsequentere. Aufgrund seiner Konstitution nach einem Monat Hungerstreik habe der 20-Jährige eher zu jenen gezählt, welche die "gemäßigtere Form ausüben", sagte Zinsberger. Die Haftunfähigkeit wäre bei einer konsequenten Ausübung - Wasser und sonst nichts - wesentlich früher erreicht worden, so der Beamte.
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