Kriterien festgelegt

Islamlehrer müssen zum Deutschtest

Österreich
16.02.2009 18:10
Das Unterrichtsministerium will die Ausbildungsdefizite muslimischer Religionslehrer im Eiltempo in den Griff bekommen: Am Montag sind die Kriterien für die gemeinsam mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft vereinbarte Überprüfung der Deutsch-Kenntnisse der Religionslehrer festgelegt worden. Demnach muss Deutsch auf dem Niveau B2 des "Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen" beherrscht werden, sprich Matura-Niveau. Wer nicht besteht, darf so lange nicht unterrichten, bis das geforderte Sprachniveau erreicht wird. Die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) fordert überdies mehr staatliche Mitsprache bei Religionsbüchern und der Auswahl der Fachinspektoren.

Das in Folge der umstrittenen Islamlehrer-Studie zwischen Ministerium und IGGiÖ vereinbarte Fünf-Punkte-Programm enthält auch die Überprüfung der Deutschkenntnisse von islamischen Religionslehrern. Bis Ende April soll diese geschehen sein. Das Unterrichtsministerium betonte am Montag, dass jeder Lehrer in Österreich für alle Fächer mit Unterrichtssprache Deutsch die Sprache ausreichend beherrschen muss. Formal gelten die Bestimmungen "für einen italienischen Physik-Lehrer ebenso wie für einen englischen Biologie-Lehrer", hieß es.

Das Niveau B2 bedeutet: "Versteht Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist...". Experten betonten, dass für die meisten Unis das Niveau B2 als Zugangsvoraussetzung gilt.

Vonseiten des BMUKK hieß es offiziell: "Sollte ein islamischer Religionslehrer nicht die geforderten Sprach-Kompetenzen aufweisen, darf er so lange nicht unterrichten, bis er sie erreicht." Ob damit auch ein etwaiger Verlust der Anstellung erfolgt, ist nicht klar, zumal die Entscheidung darüber nicht beim Unterrichtsministerium sondern bei der IGGiÖ liegt. Auf krone.at-Anfrage hieß es aus dem Schmied-Ressort, man erteile lediglich die Unterrichtsverbote. Kündigungen seien Sache der Glaubensgemeinschaft. In der Regel werden die betroffenen Lehrkräfte aber Deutschkurse absolvieren müssen, es gäbe da entsprechende Angebote etwa in den Sommerferien. Sobald sie das Niveau erreichen, dürfen sie wieder unterrichten.

Sollten die Überprüfungen allerdings zum Ergebnis bringen, dass ein sehr großer Teil der insgesamt rund 400 Lehrer Sprachdefizite aufweist, könnten die Unterrichtssperren problematisch werden, da durch sie ein akuter Lehrermangel entstehen könnte. Das Ministerium will aber vorerst an den Kriterien festhalten und streng bleiben.

Altlasten und frühere Versäumnisse
Warum die muslimischen Religionslehrer überhaupt erst überprüft werden müssen? Wie schon die Studie des Wiener Islamforschers Mouhanad Khorchide aufzeigte, entstand die Problematik durch frühere Versäumnisse der IGGiÖ und des Bildungssystems. Die problematischen Fälle wurden meist in den Achtzigern und Neunzigern angestellt, als mit verstärkter Immigration ein Lehrermangel auftrat. Deutschkenntnisse wurden selten mit Tests überprüft, beim Ministerium reichte ein Persilschein der IGGiÖ, damit ein Lehrer eingestellt wurde.

Da auch die inhaltliche Kontrolle in der Hand der Fachinspektoren der Glaubensgemeinschaft lag, blieben die Missstände so lange unentdeckt. Bis Khorchides Studie Anfang des Jahres die Disskussion ins Rollen brachte. Da die darin aufgezeigten angeblichen Demokratiedefizite, wegen derer die Arbeit ja ins Gespräch kam, mit akademischen Mitteln schwer zu überprüfen sind, konzentriert man sich auf die Ausbildungs- und Sprachdefizite. Und das nicht zuletzt auch in der Hoffnung, dass eine demokratiefeindliche Persönlichkeit mit Anpassungsunwilligkeit in Sachen Deutsch korreliert und man sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt.

Wiener Religionslehrer müssen zum Direktor
Zuständig für die Überprüfung der Deutschkenntnisse sind die Landesschulräte, die auch die Modalitäten dafür festlegen können. Seitens des Unterrichtsministeriums verweist man auf das Österreichische Sprachdiplom Deutsch (siehe Infobox), das alle Voraussetzungen zu einer anerkannten Zertifizierung von Deutsch-Kenntnissen biete. An 81 lizenzierten Prüfungszentren in Österreich und 117 im Ausland werden die Prüfungen abgenommen.

In Wien wird die Überprüfung der Deutschkenntnisse durch die Schulleiter erfolgen, erklärte Brandsteidl. Betroffen sind davon die 132 islamischen Religionslehrer an den Pflichtschulen. Es sollen aber auch jene an AHS und berufsbildenden Schulen überprüft werden, insgesamt sind das 169. In Wien würden bereits seit 2006 neu eintretende Religionslehrer einem Deutsch-Test unterzogen sowie bereits unterrichtende Lehrer im Zuge der Dienstaufsicht durch die Bezirksschulinspektoren überprüft.

Seit 2006 fünf Anstellungen wegen Deutschprobleme verwehrt
Insgesamt wurden laut Brandsteidl seit 2006 bereits 32 Lehrer im Zuge ihrer Anstellung überprüft, fünf bestanden den Test nicht und wurden daher auch nicht angestellt. Die laufende Überprüfung während der Berufszeit erfolgt durch die Schulleiter, die Erhebungsbögen über die einzelnen Lehrer ausfüllen. Dabei wird allerdings nur die Erfüllung der Aufsichtspflicht, der pünktliche Unterrichtsbeginn und die Deutschkenntnisse abgefragt. Die Fachaufsicht - also was inhaltlich unterrichtet wird - obliegt den Fachinspektoren, die von der jeweiligen Religionsgemeinschaft bestellt werden. Bei diesen jährlichen Überprüfungen seien bisher vier Lehrer wegen mangelnder Deutschkenntnisse aufgefallen, die sich nachqualifizieren mussten, sagte Brandsteidl, die nun aber "sicherheitshalber dennoch alle Lehrer noch einmal anschauen" lässt.

Die Stadtschulratspräsidentin fordert österreichweit einheitliche Standards für die Überprüfung - was vom Unterrichtsministerium mit der Festlegung des Kompetenzniveaus mittlerweile erfüllt ist. Weiters sprach sich Brandsteidl dafür aus, dass auch die Lehrmittel und Bücher für den Religionsunterricht künftig staatlich durch den Bund approbiert werden sollten. Außerdem solle der Staat auch bei der Bestellung der Fachinspektoren ein Wörtchen mitreden können.

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