Münchner Konferenz

Biden: “Europa als Partner auf Augenhöhe”

Ausland
08.02.2009 17:38
Die USA haben ihre Bereitschaft demonstriert, die Europäer künftig als Partner auf Augenhöhe zu behandeln. Auf der 45. Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende schlug US-Vizepräsident Joe Biden einen partnerschaftlichen Ton an, nahm die Europäer aber gleichzeitig international in die Pflicht. Beide Seiten legten ein Bekenntnis zur weiteren Unterstützung Afghanistans ab. US-Sicherheitsberater James Jones räumte ein, bisher am Hindukusch zu sehr auf das Militär gesetzt zu haben. Der Iran mauert unterdessen im Streit mit der Weltgemeinschaft weiter über sein Atomprogramm - unbeeindruckt auch von einem Gesprächsangebot des neuen US-Präsidenten Barack Obama.

Die USA verlangen von Europa mehr Anstrengungen bei der Entschärfung internationaler Krisen und Konflikte. Biden versicherte am Samstag auf der Konferenz, die Regierung von Präsident Barack Obama sei "aufrichtig" an Meinung und Ideen der Europäer interessiert. In der ersten außenpolitischen Grundsatzrede nach dem Amtswechsel in Washington bot er auch Russland Dialog und Zusammenarbeit an. Seine Botschaft an Moskau lautete: "Die USA und Russland können unterschiedlicher Meinungen sein und dennoch dort zusammenarbeiten, wo sich unsere Interessen treffen. Und sie treffen sich an vielen Stellen."

Biden: "Amerika wird nicht foltern"
Der US-Vizepräsident sagte: "Wir sind entschlossen, nicht nur in Washington einen neuen Ton anzuschlagen, sondern in den amerikanischen Beziehungen mit der gesamten Welt." Die USA stünden nicht nur in Afghanistan und im Irak im Krieg. Die drohende Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, wachsender Abstand zwischen Arm und Reich, die Erderwärmung und radikale Fundamentalisten seien wichtige Bedrohungen. "Die gute Nachricht ist: Amerika wird mehr tun. Die schlechte Nachricht ist: Amerika wird auch von unseren Partnern mehr verlangen", so Biden. Es gelte, Konflikte diplomatisch zu lösen. "Amerika wird nicht foltern." Die US-Regierung werde das umstrittene Lager in Guantánamo schließen, bekräftigte er.

Auch bei der Ausarbeitung einer neuen NATO-Strategie sei Washington aufrichtig an Ideen der Europäer interessiert. Die NATO müsse glaubwürdig bleiben und deswegen "Regeln durchsetzen, wenn sie eindeutig verletzt werden". Dies gelte etwa im Fall des Iran: "Der Iran handelt in einer Weise, die dem Frieden in der Region und dem Wohlstand des eigenen Volkes nicht dient." Das Atomprogramm Teherans sei dafür ein Beleg. "Wir sind bereit, mit dem Iran zu reden", sagte Biden. Doch zugleich warnte er: "Wenn ihr den jetzigen Kurs fortsetzt, werden Druck und Isolierung weitergehen. Gebt das illegale Atomprogramm und die Unterstützung des Terrorismus auf und es wird bedeutende Anreize geben."

Drohung gegen Iran
Auch andere westliche Staaten drohten dem Iran im Atomstreit mit einer schärferen Gangart, unterstrichen zugleich aber die Bereitschaft zu Verhandlungen. "Wir sind auch bereit, härtere Sanktionen ins Auge zu fassen, wenn es keine Fortschritte gibt", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in München zur Weigerung des Iran, auf die Anreicherung von Uran zu verzichten und seine Atomanlagen kontrollieren zu lassen. Auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy sagte, ohne Kooperation der islamischen Republik seien härtere Strafen unumgänglich. Merkel forderte, es müsse verhindert werden, dass der Iran in den Besitz einer Atombombe komme.

Iranischer Parlamentspräsident stellt Holocaust infrage
Der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani hatte dagegen einen Politikwechsel der mit dem Iran verhandelnden Sechsergruppe verlangt: "Das alte Klischee von Zuckerbrot und Peitsche muss über Bord geworfen werden." Gleichzeitig sagte er aber mit Blick auf die neue US-Regierung, abgebrochene Brücken könnten wieder aufgebaut werden. Der Iran bestreitet, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms den Bau von Atomwaffen anzustreben. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sprach nach einem Treffen mit Larijani am Rande der Konferenz als einem "sehr, sehr wichtigen Wechsel". Für Unmut sorgten jedoch Äußerungen Larijanis, der den Holocaust wiederum infrage stellte. Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte, es sei bedrückend, "dermaßen arrogant und unverschämt" mit diesem Thema umzugehen.

Sanfte Töne aus Russland
Entspannungssignale kamen unterdessen aus Moskau. Russland sei zu weiterer atomarer Abrüstung bereit und begrüße deshalb eine entsprechende Initiative von US-Präsident Barack Obama, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Samstag in einem Interview des Staatsfernsehsenders Rossija: "Wir sind bereit, weiter auf dem Weg der Verringerungen und Begrenzungen zu gehen." Es war die bisher klarste Äußerung der russischen Regierung zu dieser Frage seit Obamas Amtsantritt. Der russische Vizepremier Sergej Iwanow wertete die Äußerungen Bidens in München als "sehr positiv". Nach einem Treffen mit der US-Delegation sagte er: "Ich bin vorsichtig optimistisch."

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