Religionsunterricht

Schmied und Schakfeh mit 5-Punkte-Programm

Österreich
03.02.2009 13:35
Die Diskussion über die angeblichen demokratiefeindlichen Tendenzen und die Ausbildungsdefizite unter Islam-Lehrern an Österreichs Schulen scheint fürs Erste beruhigt. Am Montag haben sich Unterrichtsministerium Claudia Schmied (SPÖ) und Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, auf ein Fünf-Punkte-Programm geeignet. Demnach sollen Lehr- und Dienstpläne erneuert sowie Pädagogen auf Deutsch- und Demokratiekenntnisse geprüft werden. Studienautor Mouhanad Khorchide hat sich nach dem Treffen mit Schmied über seine Arbeit geäußert. Er findet das Negative überbewertet und meint: "Ich möchte nicht wissen, was bei dieser Studie vor zehn Jahren rausgekommen wäre."

"Kein Lehrer - egal in welchem Fach, egal welcher Konfession - darf an Österreichs Schulen undemokratische Aussagen tätigen oder unsere Verfassung missachten", so die Grundaussage des Pakets. Die IGGiÖ habe ein klares Bekenntnis zur Demokratie und den Menschenrechten abgelegt und sich zu enger Kooperation bereit erklärt, die vereinbarten Maßnahmen sind für Schmied "wichtige Schritte zur Sicherung unserer Grundwerte".

Die neuen Dienstverträge beinhalten unter anderem eine Präambel, die Werte wie Demokratie, Menschenrechte und Verfassung verbindlich festschreibt. Bis Ende April soll ein neuer, moderner Lehrplan in Kraft treten, umstrittene Schulbücher und Lehrmaterialien werden zudem bis Ende April von einem unabhängigen wissenschaftlichen Beirat überprüft. Die Fachinspektoren für den islamischen Religionsunterricht werden in Zukunft jedes Semester einen umfassenden Tätigkeitsbericht übermitteln, der erste soll bis 12. Februar vorliegen.

Wer nicht richtig Deutsch kann, darf nicht unterrichten
Islamlehrern - Religionslehrer werden in Österreich ausschließlich von den Gemeinschaften ausgesucht und eingestellt - die bei der ab sofort verpflichtenden Prüfung der Deutschkenntnisse durchfallen, droht zudem der Entzug der Unterrichtserlaubnis. Weiter getestet werden sollen diese auf die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht, die Einhaltung des Schulunterrichtsrechtes sowie die Integration in den Lehrkörper und in das schulische Geschehen. Personen, die als Bundes- oder Pflichtschullehrer eingestellt werden wollen, müssen den Abschluss eines Studiengangs an einer Pädagogischen Hochschule oder eines Universitätsstudiums oder einer vergleichbaren Ausbildung innerhalb der EU vorweisen.

Nicht nur Schakfeh und Schmied hatten sich getroffen, auch die islamischen Religionslehrer selbst hatten ein Zusammentreffen am Nachmittag organisiert. Künftig will man organisierter und geschlossen auftreten, hieß es aus informierten Kreisen.

Breite Diskussion durch alle Parteien und Bildungs-Gremien
Vorangegangen war der Einigung mit der IGGiÖ erneut massive Kritik an den Muslimen. ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf hatte das Verhalten Schakfehs in der Causa als "inakzeptabel" bezeichnet. BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz verlangte einen Gipfel zum Religionsunterricht. Und Oberösterreichs Schulreferent Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) forderte erneut die Einführung eines verpflichtenden Ethik-Unterrichtes für alle.

Mehr Akademiker unter den Islam-Lehrern forderte Barbara Schneider-Taylor, Sonderpädagogin der Uni Wien. Die Religionspädagogen in Österreich sollten "tendenziell eher" an Universitäten als über den Studiengang der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGIÖ) ausgebildet werden.

Studien-Autor Khorchide: "Negatives wird so überbetont"
Überrascht hat Mouhanad Khorchide auf die Aufregung um die Ergebnisse seiner Studie über islamische Religionslehrer reagiert. "Das Negative wird so überbetont. Dabei sind 20 Prozent, die Demokratie ablehnen, eigentlich nicht sehr viel - man muss dabei die politische Situation im arabischen Raum bedenken", sagte der Islamwissenschafter und Soziologe am Montagnachmittag, nach dem Treffen mit Schmied. Trotz bedenklicher Ergebnisse müsse man die "positiven Entwicklungen" wahrnehmen. "Ich möchte nicht wissen, was bei dieser Studie vor zehn Jahren rausgekommen wäre!"

Khorchide hatte die Dissertation, die in Kürze als Buch erscheinen soll, aus Angst "vor genau dieser Art von Missbrauch" an den Uni-Bibliotheken bereits im August sperren lassen. Dabei sei das Demokratieverständnis der islamischen Religionslehrer nur ein kleiner Teil der Untersuchung gewesen. Ihr Schwerpunkt war die Erfassung der Ziele und Aufgaben von modernem islamischem Religionsunterricht. Aus Khorchides Sicht gibt es auch extrem positive Ergebnisse: 93 Prozent wollen die Schüler zum Eintreten für Frieden ermutigen, die Förderung des interreligiösen Verständnisses ist für 89 Prozent der Lehrer eine vorrangige Aufgabe, die Entwicklung einer islamisch-europäischen Identität für 73 Prozent.

Die negativen Ergebnisse nennt Kharchide "Altlasten" aus der Zeit zwischen 1982 und 1998, als es in Österreich zwar islamischen Religionsunterricht, aber keine dafür ausgebildeten Lehrer gab. "Damals wurden Lehrer aus der Türkei geholt oder Muslime aus Österreich eingesetzt." Für Wien habe sich die Situation durch den Lehramts-Studiengang für islamische Religionslehrer der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) und der Professur für Islamische Religionspädagogik an der Uni Wien zwar verbessert, im Westen Österreichs müsste jedoch noch immer die Hälfte der Lehrer aus dem Ausland geholt werden. "Ziel der Studie war es auch, solche Mängel aufzuzeigen, damit der Staat sich Gedanken machen muss, wie er damit umgeht."

"Arbeit ist methodisch einwandfrei"
Enttäuscht reagierte Khorchide auf die Reaktion der IGGiÖ. Sie hatte die Studienergebnisse infrage gestellt, "statt sich konstruktiv damit auseinanderzusetzen. Damit hat sie Kritikern nur neue Angriffsfläche geboten". Die IGGiÖ hatte sich dabei u.a. auf den Wiener Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann berufen, der die Untersuchung "wissenschaftlich unhaltbar" und "konstruiert" nannte (siehe Infobox). Dagegen wehrte sich Universitätsprofessorin Hilde Weiss, die am Soziologieinstitut der Uni Wien Khorchides Dissertation betreut und diese gemeinsam mit dem Zweitprüfer mit der Note eins bewertet hatte: "Die Arbeit ist methodisch einwandfrei, nichts ist wertend und alles nachvollziehbar."

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