Acht Verhandlungstage mit einer Unzahl an Zeugen waren vorbei, als am Tag neun, dem Dienstag, plötzlich der Erstangeklagte vor Richter Christian Liebhauser-Karl eine Erklärung abgab und sich in den wesentlichen Anklagepunkten schuldig erklärte.
"Die Bank war mein Kind"
Kulterer meinte, die Entscheidung über die Bilanzierungsform sei "ökonomisch richtig, aber rechtlich unrichtig" gewesen. Er betonte, dass er ausschließlich im Interesse der Bank gehandelt und persönlich daraus keinerlei Vorteil gezogen habe: "Die Bank war mein Kind, und ich habe alles dafür getan, mein Kind zu schützen." Daher habe er in Kauf genommen, dass "in Ansehung der stillen Reserven und der Ertragskraft der Bank der Jahresabschluss 2004 eventuell unrichtig gewesen sein könnte". Staatsanwältin Carmen Riesinger forderte in ihrem Plädoyer eine Geldstrafe für den ehemaligen Vorstandschef, sie gab zum Schuldspruch des Richters keine Erklärung ab, das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.
Morgl nimmt Diversion an
Fast ebenso überraschend bekannte sich auch Morgl schuldig, er hätte sich auf die Expertise Kulterers verlassen, aus heutiger Sicht habe er aber zu wenig getan, zu wenig hinterfragt. Er sei kein Bilanzierungsexperte und habe sich auf die Angaben Kulterers verlassen. Bei ihm hätte er auch nachgefragt, "ob das so in Ordnung ist". Der Richter bot ihm eine Diversion in Form einer Geldbuße an. Morgl muss 114.000 Euro zahlen, darin sind 60.000 Euro anteilige Verfahrenskosten inkludiert. Der Angeklagte nahm die Diversion, die bedeutet, dass es keinen Schuldspruch gegen ihn gibt, sofort an. Die Anklägerin erhob keinen Einspruch.
240.000 Euro-Strafe für Kulterer
Über Kulterer verhängte Liebhauser-Karl eine Strafe von 280 Tagessätzen zu je 500 Euro. Der Strafrahmen beträgt maximal ein Jahr Gefängnis oder aber höchstens 360 Tagsätze, mit 280 liegt das Urteil daher im oberen Drittel. Dazu kommt für den Ex-Bankchef der Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von 100.000 Euro. Er muss also insgesamt 240.000 Euro zahlen, die Kosten seiner Anwälte sind da noch nicht eingerechnet.
Freiheitsstrafe "stand im Raum"
Liebhauser würdigte in seiner Urteilsbegründung die unbestrittenen Verdienste Kulterers um die Entwicklung der Kärntner Hypo. Trotzdem sei die Bilanz für ein Unternehmen derartig wichtig, dass Bilanzfälschung mit gutem Grund strafrechtlich belangt werde. Für den ehemaligen Hypo-Vorstandschef sei im Verfahren eine Freiheitsstrafe "im Raum gestanden". Durch das Geständnis des Angeklagten wäre es jedoch möglich gewesen, nur eine Geldstrafe zu verhängen.
Fazit über Prozessverlauf
In einer Art Fazit über den Prozessverlauf merkte der Richter dann noch an, der Umgang mit der Jahresbilanz 2004 bei der Hypo sei "teilweise unerträglich" gewesen. Im Laufe des Verfahrens habe zudem die zweite Führungsebene der Bank ein Bild geboten, das "erschreckend" gewesen sei. Ein Geständnis gleich zu Prozessbeginn hätte, so Liebhauser-Karl, Kulterer und der Bank vieles erspart, denn dann wäre so Manches nicht an die Öffentlichkeit gelangt.
Prozess gegen Striedinger geht weiter
Einige Fragen seien überhaupt offen geblieben, etwa die Rolle des Aufsichtsratspräsidiums. Teilweise könnten diese aber im weiteren Verfahren gegen Striedinger geklärt werden. Dessen Prozess wird Anfang Dezember fortgesetzt.
99 Millionen Euro Verlust
Der Auslöser für das Strafverfahren nach Paragraf 255 Aktiengesetz waren Währungsspekulationen - übrigens mit der inzwischen in Konkurs gegangenen Investmentbank Lehman Brothers - bei denen der Hypo im Oktober 2004 binnen weniger Wochen 328 Millionen Euro verloren gingen. Der Verlust wurde damals aber nicht in vollem Ausmaß in der Bilanz verbucht, die Banker wollten das Minus auf zehn Jahre verteilt abschreiben. Im Frühjahr 2006 flog die Sache auf, die Wirtschaftsprüfer zogen ihr Testat für die Bilanz 2004 zurück, sie musste neu erstellt werden. Statt eines satten Gewinns standen plötzlich 99 Miollionen Euro Verlust im Jahresabschluss.
Bank brauchte dringend Geld
Die Auswirkungen auf die Bank waren erheblich: Die Eigenkapitaldecke fiel zeitweise unter die vorgeschriebene Mindestgrenze, das Unternehmen brauchte dringend frisches Geld, schließlich verkaufte das Land Kärnten den größeren Teil seiner Anteile an die Bayerische Landesbank, die nun Mehrheitseigentümer der Hypo Group ist.
Finanzmarktaufsicht und Justiz schalteten sich ein, der damalige Vorstandsvorsitzende Kulterer und sein Stellvertreter Striedinger mussten gehen. Kulterer ist heute Investmentbanker in London, Striedinger hat ein Consulting- und Investmentunternehmen gegründet. Morgl ist weiterhin Mitglied des Hypo-Vorstandes.
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