Fall Litwinenko

Putin soll hinter Mord an Kreml-Kritiker stecken

Ausland
21.01.2016 13:13

Der russische Präsident Wladimir Putin ist nach Erkenntnissen britischer Ermittler wahrscheinlich für den Giftmord an dem früheren KGB-Agenten Alexander Litwinenko im Jahr 2006 in dessen Londoner Exil verantwortlich. Einem am Donnerstag vorgelegten Untersuchungsbericht zufolge hat Putin vermutlich einen Einsatz des russischen Geheimdienstes FSB zur Ermordung gebilligt.

Wie Richter Robert Owen, der die gerichtliche Untersuchung des Falls leitete, in seinem veröffentlichten Abschlussbericht schrieb, sei die Tat vom damaligen FSB-Chef Nikolai Patruschew und auch von Putin "wahrscheinlich gutgeheißen worden". Putin habe demnach zusammen mit seiner Regierung ein Motiv für den Mord gehabt.

Die beiden russischen Agenten Andrej Lugowoj und Dimitri Kowtun hätten Litwinenko mit dem seltenen radioaktiven Stoff Polonium vergiftet. Beweise für das Mitwissen oder die Zustimmung Putins legte Owen aber nicht vor.

Vergifteten Tee getrunken
Der 43-jährige Ex-Agent Litwinenko starb, nachdem er am 1. November 2006 eine Tasse vergifteten Grüntees in einem Hotel in London getrunken hatte. Owen sei sich "sicher, dass Lugowoj und Kowtun das Gift absichtlich in die Teekanne gefüllt haben, um Litwinenko zu vergiften".

Der Fall geriet als "atomarer Terrorismus" in die Schlagzeilen. Polonium gilt als extrem kostspielig und kann nur aus einem Atomreaktor stammen. Dadurch liege der Schluss nahe, dass es im Namen einer staatlichen Instanz - "und nicht etwa einer kriminellen Organisation" - eingesetzt wurde, heißt es in Owens 300-Seiten-Bericht.

Noch auf dem Sterbebett hatte der frühere Agent Putin als Hintermann der Giftaktion beschuldigt. Litwinenko arbeitete damals mutmaßlich für den britischen Geheimdienst MI6. Schon Ende 2012 hatte die britische Justiz mitgeteilt, die Behörden hätten ausreichend Beweise für eine Verwicklung Russlands in den Gifttod.

Russland: Neue Vorwürfe "absurd"
Der Kreml hatte eine Beteiligung an dem Mord stets zurückgewiesen. Auslieferungsersuchen der britischen Behörden für Lugowoi und Kowtun wurden bisher von den russischen Behörden abgewiesen. Lugowoj wies die neuen Vorwürfe aus London als "absurd" zurück. Auch das russische Außenministerium kritisierte die Londoner Untersuchung als "politisch motiviert".

Keine strafrechtlichen Konsequenzen
Owens Bericht ist diplomatisch heikel. Die britische Regierung wollte verhindern, dass der Fall öffentlich wieder aufgerollt wird, doch Litwinenkos Witwe Marina setzte sich vor Gericht durch. Die gerichtliche Untersuchung ist aber nicht mit einem Prozess gleichzusetzen und hat daher keine direkten strafrechtlichen Konsequenzen.

Medien: "Putin nicht mit Mord davonkommen lassen"
Dennoch steigt der Druck auf die brititsche Regierung. So forderte der "Telegraph" in einem Kommentar: "Großbritannien darf Putin nicht mit Mord davonkommen lassen." Litwinenkos Witwe forderte "gezielte Wirtschaftssanktionen" gegen Russland. Zudem müsse Großbritannien Einreiseverbote für Putin und Patruschew aussprechen. Premierminister David Cameron hielt die Ergebnisse seiner Sprecherin zufolge für "extrem verstörend". Die Regierung überlege nun, wie weiter vorgegangen werden soll.

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