Achse Berlin - Wien

SPÖ und SPD wollen in Wien Anti-Atom-Gipfel ausrichten

Österreich
05.04.2011 13:32
Gemeinsam mit seinen sozialdemokratischen Kollegen aus Deutschland hat Bundeskanzler Werner Faymann vor ein paar Tagen eine europaweite Initiative gegen die Kernkraft angekündigt. Zu diesem Anlass war SPD-Chef Sigmar Gabriel nun am Wochenende zu Besuch in Wien. Mit der "Krone" sprach er über die Anti-AKW-Aktion, die Finanztransaktions-Steuer und warum er Deutschland lieber regiert statt kommentiert.

Faymann und Gabriell wollen eine neue sozialdemokratische Achse in Europa bilden. Das reicht von der Finanztransaktionssteuer bis zur Anti-Atom-Initiative. Die beiden Politiker wollen damit offenbar nicht nur wichtige Themen besetzen, sondern auch einen eher links orientierten Kurs wieder populär machen.

Denn auch nach der Wirtschaftskrise kann sich die Sozialdemokratie nicht so recht behaupten. Laut Umfragen liegt die SPD derzeit zwischen 26 und 28 Prozent der Stimmen. Also ziemlich gleichauf wie hierzulande die SPÖ. Sigmar Gabriel, von 2005 bis 2009 deutscher Bundesminister für Umwelt und Reaktorsicherheit, derzeit SPD-Vorsitzender, möchte mit Kanzler Faymann jetzt den europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie betreiben.

"Gegen das Volk verloren"
Im "Krone"-Interview nennt der 51-jährige Ex-Gymnasiallehrer Gabriel dabei das Atomkraftwerk Zwentendorf als Beispiel: "Österreich ist das erste Land in Europa, das mit einer Volksabstimmung aus der Atomenergie ausgestiegen ist. Darüber haben wir uns damals sehr gefreut. Das war 1978 bemerkenswert, dass die politische und wirtschaftliche Klasse des Landes trotz aller ihrer Medien- und Finanzmacht gegen die Bevölkerung verloren hat." Umstritten ist allerdings das Instrument, eine EU-weite Bürgerinitiative gegen die Stromgewinnung aus Atomkraft – alleine deshalb, weil es diese Möglichkeit erst ab dem April 2012 geben wird.

Das will Gabriel freilich nicht gelten lassen: "Mit einer solchen europäischen Volksinitiative bekommen ab dem nächsten Frühjahr die europäischen Bürger das Recht, ein politisches Thema auf die Tagesordnung der Kommission zu setzen. Das ist eine Chance, die wir nützen müssen. Denn was wir derzeit erleben, ist doch, dass die Themen, die Menschen wirklich interessieren, in Europa überhaupt nicht debattiert werden. Damit wird Europa zu einer bürokratischen Organisation, die wie ein Treffen der Regierungschefs wirkt und als eine anonyme europäische Bürokratie erscheint und ein Eigenleben führt."

Anti-Atom-Gipfel im Herbst in Wien
Spätestens im Herbst wollen Gabriel und Faymann in Wien jedenfalls eine Anti-Kernenergie-Konferenz mit Vertretern sämtlicher sozialdemokratischer Parteien in Europa und den Umweltorganisationen abhalten. Auch im Kampf gegen die internationalen Spekulanten wollen Faymann und Gabriel eine sozialdemokratische Achse bilden. Auch hier mit der (noch nicht verwirklichten) Möglichkeit einer EU-weiten Bürgerinitiative.

Skepsis wischt Gabriel weg: "Warum soll ich es in Europa nicht schaffen, Themen aufzugreifen und zu sagen, dafür stehen die Sozialdemokraten? Bei der Finanztransaktionssteuer werden SPD und SPÖ nicht alleine bleiben. Dafür braucht es die Gewerkschaften und alle sozialen Parteien. Wir wollen kein Europa, das riskante Spielereien zulässt und wenn es schiefgeht, zahlen die Steuerzahler."

"Die EU – ein Projekt des Establishments"
Dass es dabei auch um Wählermaximierung geht, stellt Gabriel erst gar nicht in Abrede: "Bei diesen Fragen will ich mit der Bevölkerung darüber reden und sie mobilisieren. Dafür stehe ich, und dafür werbe ich bei den nächsten Wahlen. Denn Europa war bislang allzu sehr ein Projekt des politischen Establishments. Wo das endet, haben wir gemerkt." Keinen Zweifel lässt SPD-Chef Gabriel daran aufkommen, dass er die nächsten Wahlen gewinnen und wieder in die Regierung will: "Opposition ist Mist. Wenn ich mich in der Opposition wohlfühlen würde, hieße das, Politik lieber zu kommentieren statt zu machen. Da wäre ich Journalist geworden."

von Claus Pándi, Kronen Zeitung

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