Schul-Debatte

Sprachförderung: Kurz will sofortige Gesetzesänderung

Österreich
08.01.2013 11:21
Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz will das Schulpflichtgesetz ändern und die Beherrschung der deutschen Sprache als Kriterium für die Schulreife verankern. Damit kündigt er quasi eine im Dezember im Ministerrat erzielte Einigung auf, die das Ausprobieren verschiedener Modelle der Sprachförderung an Schulstandorten mit Kindern mit Sprachproblemen vorsah. Unterrichtsministerin Claudia Schmied spricht von einem "medialen Schnellschuss" des ÖVP-Politikers.

"Es stellt sich die Frage, ob die Idee von Modellregionen sinnvoll ist, wenn jetzt schon das hauptbetroffene Bundesland Wien das Beherrschen der deutschen Sprache zur Voraussetzung für die Aufnahme in die erste Klasse macht", erklärte Kurz am Dienstag vor dem Ministerrat.

Der Staatssekretär ist der Ansicht, dass man nun lieber gleich eine entsprechende Gesetzesänderung vornehmen solle, damit das Vorgehen Wiens auch einen gesetzlichen Rahmen habe. Derzeit seien mangelnde Deutschkenntnisse allein keine ausreichende Begründung für die Verweigerung der Schulreife und damit die Einordnung in eine Vorschulklasse. Kinder, die motorisch, sozial und kognitiv in der Lage seien, dem Unterricht zu folgen, müssten eigentlich als außerordentliche Schüler in die erste Klasse Volksschule aufgenommen werden - was allerdings oft sinnlos sei.

"Leuten im späteren Leben das Ghetto ersparen"
Der Staatssekretär begrüßt das Vorgehen Wiens daher ausdrücklich und will auch nicht über Namen wie "Deutschklasse", "Vorschulklasse" oder "Ghettoklasse" streiten: "Es geht darum, den Leuten im späteren Leben das Ghetto zu ersparen." Wenn Kinder nicht Deutsch können, seien sie in einer Vorschulklasse mit Schwerpunkt Deutsch besser aufgehoben als etwa im Mathematikunterricht.

Als Hebel soll laut Kurz das Schulpflichtgesetz dienen: Dort soll die Beherrschung der Unterrichtssprache Deutsch als Kriterium für die Schulreife festgehalten werden. Eine ähnliche Regelung schwebt ihm für "Quereinsteiger" vor, die erst nach Erreichen des schulpflichtigen Alters nach Österreich kommen. Für diese brauche es Intensivkurse in der Dauer von drei bis sechs Monaten, bevor sie in den regulären Unterricht einsteigen: "Jetzt setzen wir sie ohne Deutschkenntnisse in Physik, Chemie und andere Fächer." Die so in sie gesetzten Erwartungen seien unrealistisch und unfair: "Sie sollen die Sprache lernen und gleichzeitig denselben Bildungserfolg haben wie andere Kinder. Wer von der ersten Klasse an hinterherläuft, hat keine Chancengerechtigkeit."

Schmied: "Medialer Schnellschuss"
Unterrichtsministerin Schmied bezeichnet den Kurz-Vorstoß als "medialen Schnellschuss". Ihr gehe es um ein "seriöses Konzept" mit differenzierten Lösungen. In Regionen, in denen weniger Schüler Sprachprobleme haben, könnte die Sprachförderung etwa in den normalen Unterricht integriert werden. In stärker betroffenen Bereichen könnte es spezielle Kurse geben. Das Unterrichtsministerium werde sich nun mit Experten zusammensetzen und die Details erarbeiten, so Schmied vor dem Ministerrat am Dienstag. Neu gestaltet werden solle demnach die Schuleinschreibung: So könnten etwa die Kindergärtnerinnen stärker einbezogen werden und eventuell beim Aufnahmegespräch mit dabei sein.

Das Wiener Vorgehen hält Schmied bereits jetzt für gesetzeskonform. Sie setzt auf die bereits vorhandene Möglichkeit, die ersten beiden Volksschulklassen in drei Jahren zu absolvieren - inklusive einer gezielten Sprachförderung, eventuell auch in externen Kursen außerhalb der Klasse (siehe Infobox). "Die Förderung muss in der Schule passieren, wir wollen keine Kinder zweiter Klasse produzieren", so Schmied. Die Mittel für die Sprachförderung der Quereinsteiger will sie außerdem ausbauen und ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einführen.

Dass am Ende der Debatte - wie von Kurz gewünscht - eine Gesetzesänderung steht, schließt Schmied nicht aus. Kurz sprach von einem klärenden Gespräch in den kommenden Tagen.

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