Lesen und Rechnen

Unsere Volksschüler im unteren Drittel der EU

Österreich
11.12.2012 14:21
Österreichs Volksschüler haben bei den am Dienstag präsentierten Volksschul-Vergleichsstudien PIRLS und TIMSS, quasi den kleinen Geschwistern der PISA-Studie, eher schlecht abgeschnitten. Beim Lesen und Rechnen rangieren sie im EU-Vergleich im unteren Drittel. Auch die zeitgleich vorgestellten Ergebnisse zu den heimischen Bildungsstandards für Mathematik sind nicht umwerfend: Jeder Sechste gilt als Risikoschüler.

Bei PIRLS (Progress in International Reading Literacy Study/Lesen) erreichten Österreichs Zehnjährige diesmal 529 Punkte, das sind um neun Punkte weniger als bei der letzten Teilnahme 2006. Damit landet Österreich beim Lesen auf Platz 25 von 45 untersuchten Ländern bzw. Rang 16 unter den 23 getesteten EU-Ländern.

Bei TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study/Mathematik und Naturwissenschaften) kamen die heimischen Schüler im Bereich Mathematik auf 508 Punkte, das ist ein kleines Plus von drei Punkten gegenüber der letzten Teilnahme 2007. Für die Platzierung bedeutet das Rang 23 unter 50 teilnehmenden Ländern bzw. Platz 14 unter den 21 teilnehmenden EU-Staaten.

Immerhin: Bei den Naturwissenschaften schafften die österreichischen Schüler mit 532 Punkten ein Plus von sechs Punkten gegenüber 2007: Damit belegen sie Rang 13 unter den 50 untersuchten Ländern bzw. mit Rang sechs einen Spitzenplatz unter den EU-Teilnehmern.

Die Top-Länder im internationalen Vergleich sind - wie bereits gewohnt - beim Lesen Hongkong, Russland und Finnland, bei Mathematik Singapur, Südkorea und Hongkong und bei den Naturwissenschaften Südkorea, Singapur und Finnland.

Jeder Sechste ist Risikoschüler in Mathematik
Ebenfalls präsentiert wurden am Dienstag die Testergebnisse zu den heimischen Bildungsstandards für Mathematik in der achten Schulstufe. Die ersten Standardtests unter 80.000 Schülern der vierten Klasse AHS, Hauptschule und Neue Mittelschule zeigen, dass jeder sechste Schüler ein Risikoschüler ist.

Insgesamt übertrafen nur rund fünf Prozent der Schüler die Bildungsstandards und erreichten die höchste Kompetenzstufe 3. 53 Prozent erfüllten die Standards und schafften Kompetenzstufe 2. 26 Prozent erreichten sie teilweise und kamen auf Kompetenzstufe 1. 17 Prozent - das sind 13.300 Schüler - verfehlten dagegen die Standards (Kompetenzstufe "Unter 1").

Unterschiede zwischen Bundesländern und Schultypen
Im Bundesländervergleich verzeichnete Oberösterreich mit 548 Punkten die besten Ergebnisse. Neben Oberösterreich erreichten Salzburg (545), Tirol (543) und Niederösterreich (541) Ergebnisse über dem Österreich-Schnitt von 535 Punkten. Die Steiermark (534) und das Burgenland (532) liegen etwa im Schnitt, Vorarlberg (527) etwas darunter. Die niedrigsten Werte weisen Kärnten (522) und Wien (517) auf.

Wesentlich größer sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen bzw. den einzelnen Schultypen. Die beste Schule - eine AHS - erreichte einen Mittelwert von knapp 700 Punkten, die schlechteste - eine Hauptschule - liegt bei rund 350 Punkten. Die AHS erreichten im Schnitt 600 Punkte, die Pflichtschulen (Hauptschulen/Neue Mittelschulen) 504 Punkte. Die Werte der Neuen Mittelschulen wurden aufgrund der geringen Zahl der getesteten Schulen nicht gesondert ausgewiesen.

Migrations- und sozioökonomischer Hintergrund
Starken Einfluss auf die Ergebnisse haben auch Migrationshintergrund und sozioökonomischer Hintergrund der getesteten Schüler: Kinder mit Migrationshintergrund kamen auf einen Mittelwert von 480 Punkten, "einheimische" Schüler auf 547. Immerhin zwölf Prozent der Akademikerkinder erreichten die höchste Kompetenzstufe 3, aber nur ein Prozent der Kinder, deren Eltern höchstens einen Pflichtschulabschluss haben. Umgekehrt verfehlen nur sechs Prozent aller Akademikerkinder die Standards (Kompetenzstufe "Unter 1"), aber 37 Prozent der Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss.

Schmied: "Noch einige Barrieren zu überwinden"
Österreich müsse vor allem die Gruppe jener 17 Prozent der Schüler verringern, die die Bildungsstandards diesmal nicht erreicht haben, so Unterrichtsministerin Claudia Schmied zu den Ergebnissen. "Das öffentliche Bildungssystem muss es schaffen, alle Schüler mindestens auf Kompetenzstufe 1 zu bringen, um ihnen Entwicklungsperspektiven zu ermöglichen." Angesichts der Ergebnisse der internationalen Volksschul-Vergleichsstudien meinte Schmied: Es sei "natürlich betrüblich", dass bei der Lesekompetenz noch keine Verbesserung erkennbar sei. Angesichts steigender Anteile von Volksschülern, in deren Familien nicht Deutsch gesprochen wird, müsse Österreich vor allem bei der Sprachförderung zulegen.

ÖVP sieht ihre Linie bestätigt
ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon sieht durch die Ergebnisse der Bildungsstandards die Linie seiner Partei bestätigt. Diese zeigten, dass "die in den letzten Jahren gesetzten Maßnahmen absolut richtig und wichtig waren und eine Basis dafür sind, dass die künftigen Testungen andere Ergebnisse bringen werden", so Amon. Im Detail sehe man, dass "die AHS durchwegs hervorragende Ergebnisse erzielt haben. Das bestätigt die Linie der ÖVP, das Gymnasium zu erhalten".

BZÖ und AK fordern rasch Verbesserungen
BZÖ-Bildungssprecherin Ursula Haubner sind vor allem die "besorgniserregenden Ergebnisse der PIRLS-Studie" ein "akutes Alarmzeichen". "Es ist daher wichtig, dass man nach der Pflichtschule die Grundkompetenzen nachweislich beherrscht und wie notwendig das sinnerfassende Lesen eigentlich ist." Daher müsse die Sprachförderung forciert werden.

Der Präsident der Arbeiterkammer, Herbert Tumpel, kritisierte die ungleiche Verteilung der Bildungschancen. Dass unverhältnismäßig viele 14-Jährige die Bildungsstandards verfehlen, deren Eltern maximal Pflichtschulabschluss haben, zeigt für Tumpel "am deutlichsten, dass die begonnenen Bildungsreformen rasch fortgesetzt werden müssen". Er forderte daher eine leistungsfördernde gemeinsame Mittelschule. Nachholbedarf gebe es weiters bei der Leseförderung, hier könne ein Zwei-Lehrer-System im Deutschunterricht in der Volksschule helfen.

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