PISA-Studie

Viele Schüler sitzen in der “falschen” Schule

Österreich
13.02.2008 18:50
Mehr als 60 Prozent der AHS- und HAK-Schüler in Österreich sitzen in der „falschen“ Schule, an Handelsschulen sind es sogar 71 Prozent der Schüler. Diese erschreckenden Zahlen präsentierte PISA-Österreich-Koordinator Günther Haider am Dienstag gemeinsam mit Bildungsministerin Claudia Schmid.

Die Zahlen stammen aus einer bereits älteren Studie des Erziehungswissenschafters Ferdinand Eder, stimmen aber mit Haiders Untersuchung der PISA-Ergebnisse überein. So sollte etwa für den Platz an einer AHS vor allem die Leistung der Volksschüler entscheidend sein. Dem ist aber in Österreich nicht so, wenn man etwa die Leistung von Schülern der vierten Klasse Volksschule bei der im November veröffentlichten PIRLS-Lese-Studie betrachtet: Unter anderem erzielte eine Schule, in der sich nur ein Fünftel der getesteten Schüler für die AHS angemeldet hat, den besten Österreich-Wert bei PIRLS. Umgekehrt schickt eine Schule fast alle Kinder in die AHS, obwohl die Leseleistung dieser Kinder geringer als der Österreich-Schnitt ist.

Negativ beurteilt Haider daher vor allem auch die frühe Selektion im österreichischen Bildungssystem: Gemeinsam mit Deutschland gehört Österreich zu jenen Ländern, bei denen sozio-ökonomische Einflüsse für die Wahl der Schule am wichtigsten sind und gleichzeitig der weitere Bildungsweg eines Schülers am frühesten entschieden wird.

„Unreflektierter Frontalunterricht“
Weitere Ergebnisse, die zu denken geben: Es gebe in Österreich nach wie vor zum überwiegenden Teil „unreflektierten Frontalunterricht und nur sehr wenig individualisierten Unterricht.“ Zudem seien große Unterschiede in der Leistungsbeurteilung zu beklagen und auch das wichtige Gebiet der Unterrichtsforschung sei "fast nicht präsent", zeigte Haider auf.

Richtiges Angebot fehlt
„Akuter Handlungsbedarf" besteht für SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser und die Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Sonja Zwazl: Ein Grund für das Ergebnis sei die Tatsache, dass es häufig am Platz und am richtigen Angebot fehle. Gerade bei den berufsbildenden Schulen müssten hier Veränderungen vorgenommen werden. So sei mehr Flexibilität bei den Lehrplänen mit einer weniger frühen Spezialisierung ein Schritt in die richtige Richtung, so Niederwieser in einer Aussendung. 

Außerdem brauche man "eine Berufsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe mit eigener Stundenausstattung". Die derzeit fächerübergreifenden Angebote zur Berufsorientierung würden nicht funktionieren. Erforderlich ist für ihn auch ein modernes Instrument zur Feststellung der Fähigkeiten und Stärken der Kinder durch Kompetenzanalyseverfahren. Fast alle diese Punkte seien im Koalitionsübereinkommen festgeschrieben.

"Europaweit einzigartige Fehlkonstruktion"
Die Grünen halten die oft falsche Schulwahl für die "Folge einer europaweit einzigartigen Fehlkonstruktion im österreichischen Schulsystem". Trotz der Verlängerung der Schulpflicht auf neun Jahre müssten sich die Jugendlichen nach acht Jahren für die weitere Laufbahn entscheiden. Folge: Viele Eltern und Schüler versuchten in der 9. Schulstufe eine Alternative zu den Polytechnischen Schulen zu finden. Als Resultat besuchten viele 15-jährige die 1. Klasse der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, obwohl sie diese gar nicht beenden wollen. Nach Ansicht von Bildungssprecher Dieter Brosz sollte die Aufgliederung in verschiedene Schultypen daher erst nach der Schulpflicht erfolgen.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt