Litwinenko-Fall

Moskau weist vier britische Diplomaten aus

Ausland
19.07.2007 22:08
Nach der Ausweisung von vier russischen Diplomaten durch Großbritannien hat Russland am Donnerstag im Gegenzug vier britische Botschaftsangehörige des Landes verwiesen. Zudem kündigte Moskau die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus auf und stoppte die Visa-Ausstellung für britische Amtsträger.

Der russische Präsident Wladimir Putin schlug am Abend allerdings mildere Töne an. Er sprach von einer "Mini-Krise" und warnte vor einer Überbewertung des Konflikts.

"Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Mini-Krise zurechtkommen werden", sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax. "Ich denke, dass sich die russisch-britischen Beziehungen normal entwickeln werden." Beide Seiten müssten ihre Handlungen mit "gesundem Menschenverstand" abwägen und auf ihre jeweiligen Gesetze und Interessen Rücksicht nehmen. "Dann wird sich alles zum Besten wenden", sagte Putin.

Moskau verweigert Auslieferung
Russland und Großbritannien streiten über die Auslieferung des russischen Geschäftsmanns Andrej Lugowoi, der laut Londoner Staatsanwaltschaft den Ex-Geheimdienstagenten Alexander Litwinenko im November 2006 mit dem Strahlengift Polonium 210 getötet haben soll. Moskau verweigert die von London geforderte Auslieferung.

Der Sprecher des russischen Außenministeriums, Michail Kamynin, hatte die Ausweisung der vier Russen nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau als "provozierend und unfreundschaftlich" bezeichnet. Erneut erklärte er die Sicherheitskooperation zwischen Moskau und London für vorerst beendet. "Zu unserem großen Bedauern ist die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus nicht mehr möglich", sagte Kamynin. Die Beziehungen beider Länder im Anti- Terror-Kampf seien allerdings nicht "auf dem höchsten Niveau" gewesen, so dass im Grunde nicht mit Auswirkungen zu rechnen sei, sagte der frühere Chef des Sicherheitsrates, Andrej Kokoschin.

Gordon Brown ist "enttäuscht"
Der britische Premierminister Gordon Brown äußerte sich nach Angaben eines Sprechers "enttäuscht" über die russische Entscheidung. Die Ankündigung aus Moskau sei "völlig unberechtigt". "Wir werden diese Angelegenheit in den nächsten Wochen weiter mit der internationalen Gemeinschaft behandeln", sagte Brown. US- Außenministerin Condoleezza Rice forderte Moskau auf, eine Justizangelegenheit wie diese nicht zu "politisieren".

Dem britischen Botschafter sei eine offizielle Note zugegangenen, in der vier britische Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt worden seien, sagte Kamynin. Sie müssten Russland nun binnen zehn Tagen verlassen. Moskau fordert seit Jahren die Auslieferung des in Ungnade gefallenen Oligarchen Boris Beresowski und des tschetschenischen Politikers Achmed Sakajew. Beide genießen in Großbritannien politisches Asyl.

Russen weisen EU-Vorwürfe zurück
Russland wies unterdessen Vorwürfe der EU zurück, bei der Aufklärung des Mordes nicht mit den britischen Behörden zu kooperieren. Die Briten hätten schnell zu Ermittlungen nach Russland reisen dürfen, sagte der ständige EU-Vertreter Russlands, Wladimir Tschischow, Interfax.

Mit seinen Schritten reagiere Russland "abgewogen und mit minimaler Notwendigkeit", sagte Kamynin. London hatte Moskau aufgefordert, seine Verfassung zu ändern, damit eine Auslieferung Lugowois möglich wird. In der britischen Forderung sieht Russland seine Rechte als souveräner Staat angegriffen. 

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