Dublin wieder aktiv

Paukenschlag: Deutsche beenden Willkommenspolitik

Ausland
10.11.2015 18:41
Politischer Paukenschlag in der Flüchtlingskrise: Deutschland will syrische Asylwerber wieder nach dem Dublin-Verfahren in andere EU-Länder zurückschicken, über die sie in die Europäische Union eingereist sind. Tausende Flüchtlinge müssen nun damit rechnen, von Deutschland rückgeführt zu werden. "Das wäre das Signal auf das wir die letzten Wochen gewartet haben - der Wendepunkt von der grenzenlosen Willkommenskultur zurück zu einer Kultur der Vernunft und des Augenmaßes", kommentierte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gegenüber der "Krone" die Maßnahme.

Deutschland hatte im August beschlossen, das Dublin-Verfahren für Syrer vorübergehend auszusetzen. Normalerweise wird bei jedem Asylwerber zwingend geprüft, ob er zuerst in einem anderen Land europäischen Boden betreten hat. Ist dem so, muss der Betroffene eigentlich dorthin zurück. Darauf wurde bei Syrern seit August offiziell verzichtet. Tatsächlich wurde das Verfahren in den vergangenen Jahren überhaupt nur bei einem Bruchteil der Asylsuchenden umgesetzt.

Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Dienstag erklärte, wendet Deutschland das Dublin-Verfahren nun aber für alle Herkunftsländer und alle Mitgliedstaaten außer Griechenland wieder an. "Das gilt auch für syrische Staatsangehörige, seit dem 21. Oktober", fügte er hinzu. Die Rückkehr zum Dublin-Verfahren für Asylwerber aller Nationalitäten sei eine von verschiedenen Maßnahmen, um "trotz hoher Flüchtlingszahlen wieder zu geordneten Verfahren bei der Einreise und bei der Durchführung von Asylverfahren zurückzukehren".

"Signalwirkung im Vordergrund"
Aus dem Innenministerium in Wien hieß es gegenüber der "Krone", den Deutschen gehe es vorwiegend um die Signalwirkung dieser Maßnahme - die Zahl der ankommenden Flüchtlinge solle so drastisch reduziert werden. Rückgeführt werden könne demnach nach Ungarn, Kroatien Italien oder Slowenien - nicht aber nach Griechenland. Der Europäische Gerichtshof hatte vor ein paar Jahren entschieden, dass Asylsuchende nicht in Länder zurückgeführt werden dürfen, in denen "systematische Mängel" im Asylsystem herrschen. Das betrifft auch Griechenland, wo eine unmenschliche Behandlung festgestellt wurde.

Wie das heimische Bundeskanzleramt indes im "Krone"-Gespräch erklärte, sei man nicht offiziell über die Maßnahme informiert worden - was allerdings verständlich sei, da die Entscheidung Österreich nur indirekt betreffe. Inoffizieller Nachsatz: Die Meldung über die Reaktivierung des Dublin-Abkommens dürfte bei den 30.000 Flüchtlingen, die derzeit auf der Balkanroute Richtung Deutschland unterwegs sind, nicht gerade für positive Stimmung sorgen.

Mikl-Leitner sieht "Wendepunkt"
Innenministerin Mikl-Leitner sprach am Dienstagabend gegenüber der "Krone" von einem "Wendepunkt von der grenzenlosen Willkommenskultur zurück zu einer Kultur der Vernunft und des Augenmaßes." Sie habe immer davor gewarnt, dass das ersatzlose Streichen Dublins zu einer Verschärfung der Schieflage in Europa führt. "Genau damit hat Europa jetzt zu kämpfen", so Mikl-Leitner. "Ich habe auch immer gesagt, dass Österreich weiterhin an Dublin festhält. Dementsprechend laufen aktuell auch rund 3700 Dublin-Prüfungen in Österreich. Es ist gut, dass jetzt auch Deutschland wieder gänzlich zum Dublin-System zurückkehren will. Jetzt ist es notwendig diese Nachricht auch deutlich in die Welt zu senden, damit sie auch wirkt."

Nur wenige Flüchtlinge bei Ankunft registriert
Die Rückführung von Asylwerbern in andere europäische Staaten dürfte für Deutschland kurzfristig schwierig werden. Denn nur wenige der Flüchtlinge, die zuletzt ins Land gekommen waren, sind zuvor in einem anderen EU-Staat registriert worden. Inoffiziell ist von maximal drei Prozent die Rede. Syrer bilden die größte Gruppe unter den Asylsuchenden. Allein im Oktober kamen nach offiziellen Angaben 88.640 Syrer nach Deutschland, das war knapp die Hälfte aller Flüchtlinge in dem Monat.

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