Das ganze Interview

Rea über Reamonn

Musik
28.04.2006 11:48
Reamonn haben von allen deutschen Bands nicht nur die wahrscheinlich interessanteste Länderkonstellation. Sie haben in den letzten Jahren auch viele der spannenderen Songs geschrieben, die man aus unserem Nachbarland zu hören kriegt. Mit ihrer neuen Platte „Wish“ knüpft die Band um den irischen Sänger Rea Garvey endlich wieder an den musikalisch bisher nie ganz übertroffenen Erfolg ihres Debüts „Tuesday“ an. Rea erzählte Krone.at, warum „Wish“ das bisher beste Reamonn-Album ist und auch was sich in der sympathischen Band sonst noch so tut…
(Bild: kmm)

Im wirklichen Leben würde er den Durchschnittsmenschen um mindestens zwei Köpfe überragen, aber Rea Garvey klingt auch am Telefon ganz schön groß. Keine Spur mehr von holprigem Deutsch – im Gegenteil, der Mann spricht mit einem Tempo als wäre der Akku kurz vorm Aus! Er hat auch viel sagen, klar, denn mit ihrem Album „Wish“ ist die deutsche Band wieder ganz vorne mit dabei, wenn’s um gute Musik geht.

Los Angeles. - Bewusster, transparenter und zugleich dynamischer klingt die Platte, deren Single „Promise“ bei Radio-DJs schon seit ein paar Wochen großen Anklang findet. Nicht zuletzt, weil man sie in Los Angeles aufgenommen hat und sich nicht dem Überproduktions-Wahn deutscher Studios ausgesetzt hat. Rea erzählt: „L.A. hat eine Musikszene, die sehr hohen Erfahrungswert hat. Und wir hatten dort einen erfahrenen Produzenten, der schon mit Johnny Cash und den Red Hot Chili Peppers gearbeitet hat. Er hat es geschafft das Beste aus uns rauszuholen.“

Alle zusammen. - Bei den Aufnahmen, die teilweise von zehn Uhr morgens bis vier Uhr früh dauerten, hat es die Band endlich wieder alle zusammen ins Studio gezogen. Rea: „Früher hatten wir oft getrennt aufgenommen und dabei vergisst man irgendwie, dass das Zusammen-in-einem-Raum-stehen ein ganz besonderes Gefühl ist. Das ist eine Magie gewesen, das kann nicht jeden Tag passieren!“

Reamonns Philosophie. - Überraschungen, wilde Gitarren-Schrammeleien oder gar Punk-Einflüsse, die bei vielen Top-40-Bands gerade so in Mode sind; damit wollen Reamonn aber nichts zu tun haben. „Wir springen nicht hinter irgendeine Welle“, sagt Rea entschlossen. Für ihn geht die Philosophie von der zeitlosen Band sogar noch ein wenig weiter: „Wir können nur darüber schreiben, was wir selbst auch glauben können und da müssen wir auch dahinter stehen.“

Wie Brüder. - Seinerzeit, auf dem Debütalbum „Tuesday“, haben uns Reamonn einen Ohrwurm beschert, der jetzt noch in vielen Lauschern widerhallt. „Supergirl“ war einer der größten Radiohits der letzten Jahre. Seither haben Reamonn zwei weitere Alben plus eine Live-Platte auf den Markt gebracht und die letzten Jahre bis auf wenige Monate Auszeit nur mit der Band verbracht. „Wir sind wie Brüder. Wir streiten uns auch regelmäßig“, erklärt Rea das Zusammenleben. Und: „Da muss man sich schon riechen können.“

Englisch. - Den größten Vorteil und vielleicht sogar das Ass im Ärmel, das Reamonn gegenüber vielen anderen Bands hat, ist wohl Rea Garvey selbst. Der hoch gewachsene Ire gibt der Band eine markante Stimme und nicht zuletzt lupenreines Englisch, bei dem sich viele andere Intepreten – und das gilt auch für Österreicher – aufgrund ihrer deutschen Muttersprache schwer tun. Aber Rea bleibt bescheiden: „Die Sprache ist mir aber eigentlich egal. Der Zauber liegt in der Musik. Wenn die Musik gut ist, kommt die Bedeutung eines Songs sowieso durch.“

Und als Beispiel hat er gleich ein österreichisches parat: „Als ich als Teenager in Irland zum ersten Mal Falcos Jeanny gehört hab, hab ich auch kein Wort verstanden. Aber der Song hat mich einfach getroffen!“ Und das gilt auch in gewisser Weise für Reamonn, denn „der Witz ist, dass wir selbst unseren ersten Erfolg in einem Land gehabt haben, wo die Muttersprache eben nicht Englisch ist!“ Wo er Recht hat, hat er Recht...

Musikalisch. - Tja, da haben Reamonn einen neuen Sound gefunden, der weit Weg von wabernden Hallfahnen und bombastisch überproduzierten Schlagzeug-Fills angesiedelt ist. Pur, rein und ganz anders klingt „Wish“. Am stärksten merkt man’s bei Haudegen und Schlagzeuger Gomezz, der seine Trommeln an manchen Stellen fast schon kitzelt, was die Dynamik des Albums unglaublich steigert.

Obwohl viele Songs wieder mit Liebe, Herz, Schmerz und thematisch eher in den Abendstunden angesiedelten Lyrics zu tun haben, so stechen doch ein paar Ausreißer hervor, die die Platte auch von den Texten her äußerst abwechslungsreich machen: Der zweite Track „Starship“ klingt wirklich wie eines und lässt den Schub an Groove und Feeling schon erahnen, den sich die fünf Bandmitglieder in der Stadt der Engel geholt haben.

Genau das Gegenteil passiert wiederum bei „Tonight“, einer schnellen aber straighten Ballade mit viel Akustik-Gitarre und Melodie. Aufgedreht wird aber auch des Öfteren: Der achte Track „Starting To Live“ ist eine Art Depeche Mode meets U2, denn die Strophe marschiert im monotonen 16tel-Beat, während der Refrain mit voll verzerrter Gitarre davonkracht.

Kurz: Eine musikalisch abwechslungsreiche Platte, die zu Recht als Reamonns bisher beste Arbeit bezeichnet werden kann!

10 von 10 Wünschen mit irischer Magie

Das komplette Interview mit Rea Garvey gibt’s hier auch zum Nachlesen. Dort erzählt der Reamonn-Frontmann über seine Heimat Irland, warum ihn Folk-Musiker einst von der Bühne scheuchten und was das Verrückteste war, das er je auf einer Bühne vollführt hat. Nur eines vorweg: Stagediving kann wirklich gefährlich sein...


Christoph Andert

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