Den Anfang machte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Im Deutschlandfunk bezeichnete er Österreich als eine "Bananenrepublik", die sich "aus der Verantwortung stehlen möchte". Die Deutschen bewerten als unzumutbar, dass die österreichische Regierung kein Steuergeld mehr in die Hypo-Abwicklungsgesellschaft steckt, sondern die Gläubiger zur Kasse bittet. Deutsche Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften fürchten nun, um etwas mehr als fünf Milliarden Euro umzufallen.
Das deutsche Nachrichtenmagazin "Focus" nennt Österreich ein "Mini-Griechenland in den Alpen" und kündigt an, dass "deutsche Versicherer Geld aus Österreich abziehen wollen". In einem tendenziösen Beitrag heißt es weiter: "Der österreichische Hypo-Nachfolger Heta bringt das Finanzsystem ins Wanken. Der Grund: Anleger glauben nicht mehr, dass der Staat für ihr Geld garantiert."
"Land schlägt Geldgeber in die Flucht"
Drohende Töne werden auch über die "Welt am Sonntag" verbreitet. Unter dem Titel "Wien sagt leise Servus", heißt es, "das Land schlägt Geldgeber in die Flucht". Und unter einem Bild, das die Kuppel der Wiener Hofburg zeigt, steht: "Österreichs Image an den Kapitalmärkten ist angekratzt." Im Beitrag des Berliner Sonntagsblatts wird düster angedeutet, dass "immer mehr Investoren einen Bogen um das Alpenland machen". Für Investoren sei es schwer zu durchschauen, "worauf man sich in Österreich noch verlassen könne", werden anonyme "Marktteilnehmer" zitiert.
Für Kenner der Finanzszene könnte das der Auftakt zu einem Psychokrieg gegen Republik und Regierung sein. Ein Anleihenmanager aus Hannover spottet in der "Welt am Sonntag", man habe "den Eindruck, dass der Regierung die Folgen ihres Handelns im Vorfeld nicht bewusst waren".
Drohbotschaft an die Adresse Wiens
Die Botschaft, die von der "Welt am Sonntag" ausgeht, ist unmissverständlich: "Den Ruf, ein Griechenland der Alpen zu sein, findet man in Wien vielleicht doch nicht so erstrebenswert." Den Startschuss zu dieser Kampagne in Deutschland hatte Anfang März Bayerns Finanzminister Markus Söder gegeben. Er bezeichnete Österreichs Vorgangsweise mit den Hypo-Altlasten als "einem Rechtsstaat völlig unangemessen". Bereits vor zwei Jahren erklärte Söder nach einem unglücklich verlaufenen Gespräch mit der damaligen Finanzministerin Maria Fekter über die Hypo aufgebracht: "I want my money back."
Kritik an Fekters Schweigen
In der heimischen Bankenszene ist man jedenfalls wegen der jüngsten Entwicklungen und möglicher Verschlechterungen der Ratings alarmiert. Ein Indiz für die zunehmende Besorgnis ist die Bemerkung von Bank-Austria-Chef Willibald Cernko in der "Presse", in der er das Schweigen von Ex-Finanzministerin Fekter zur Hypo-Affäre scharf kritisiert. "Einfach aus dem Amt zu gehen und dann zu sagen, es gibt jetzt keine weiteren Wortspenden, ist nicht mein Verständnis von Demokratie. Da darf man sich nicht wundern, wenn sich Bürger von der Politik verabschieden."
Kommentar von Claus Pándi: Es geht ums Geld
"Bananenrepublik", "Mini-Griechenland", "Vertrauen zerstört", "einem Rechtsstaat völlig unangemessen": Deutschland deckt Österreich derzeit mit wüsten Beschimpfungen ein. Beteiligt an dieser Kampagne sind Zeitungen und Lokalpolitiker von München über Düsseldorf bis hinauf nach Berlin.
Auslöser für die konzertierte Aktion ist der Schuldenschnitt für die Gläubiger der Kärntner Hypo-Bad-Bank Heta. Kurzum: Es geht ums Geld. Und da kennen unsere Nachbarn bekanntlich überhaupt keinen Spaß. Beim Standortwettbewerb fallen sie schnell ins Derbe. Es ist nicht lange her, da verglich der frühere deutsche Finanzminister Peer Steinbrück Österreich mit Ouagadougou, der Hauptstadt des Entwicklungslandes Burkina Faso. Damals ging es darum, die Republik als EU-Land mit einem attraktiven Steuersystem für Unternehmer in Misskredit zu bringen. Diesmal läuft es ziemlich ähnlich, um den Finanzplatz Österreich zu beschädigen.
Unglücklicherweise ist die Hypo nun wirklich alles andere als eine Werbung für das Land. Und das Schweigen der Ex-Minister Josef Pröll und Maria Fekter macht die Sache noch schlimmer. Dass die Bayern eine mehr als fragwürdige Rolle in der Affäre spielen, geht dadurch fast unter. Die Regierungsspitze, die sich gerne ihrer ach so blendenden Kontakte zu Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble rühmt, sollte rasch zu den Telefonen greifen, damit die schmutzige Kampagne beendet wird. Andernfalls könnte ein irreparabler Schaden von enormen Ausmaßen entstehen.
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