Gerade einmal 83,9 Prozent der Delegierten hatten Faymann ihr Vertrauen gegeben und das obwohl erst vor kurzem der Koalitionspartner ÖVP seinen Obmann Reinhard Mitterlehner mit mehr als 99 Prozent gestärkt hatte. Schulz ließ das kalt. Innerparteiliche Demokratie sei nichts Schlechtes und überhaupt sei Faymanns Ergebnis "super". Er könne eine Reihe von Regierungs- und Parteichefs nennen, "die keine 84 Prozent am Parteitag bekommen."
Nicht dramatisieren wollten auch die Spitzenrepräsentanten der SPÖ. Mancher sah sogar einen Vorteil im enttäuschenden Abschneiden Faymanns. So meinte Vorarlbergs Landeschef Michael Ritsch, ein "angeschossenes Wild" könne auch ganz gefährlich werden. Was er damit meint? Ritsch glaubt, dass Faymann nun in den Steuerverhandlungen mit der ÖVP angriffiger agieren könnte, sei ihm doch vor Augen geführt worden, dass die Basis von ihm erwarte, auch einmal auf den Tisch zu klopfen.
Ein stärkeres Ergebnis für den Parteivorsitzenden hätte sich Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl zwar gewünscht. Gleichzeitig stellte er aber klar: "Man muss sich grundsätzlich von den nordkoreanischen Wahlergebnissen verabschieden." Ähnlich Tirols Landesvorsitzender Ingo Mayr: Die SPÖ sei eine demokratische Partei, da brauche es keine Jubelergebnisse. Oberösterreichs Landeschef Reinhard Entholzer sieht zwar keine Stärkung Faymanns für die Steuerverhandlungen, was für ihn aber nicht so tragisch ist. Denn die Partei werde von einer Million Menschen unterstützt, verwies Entholzer auf die Unterschriftenaktion der Gewerkschaft.
Faymann tadelt Parteifreunde zum Abschluss
Faymann selbst hatte ganz zum Abschluss des Parteitags doch noch einen kleinen Tadel für seine Parteifreunde parat und zwar, was deren Anwesenheitsdisziplin bei Gremiensitzungen angeht. Intensive Debatten seien "keine Schande" und "eine Auszeichnung für eine lebhafte Partei". "Aber um diese Diskussion zu führen, muss man halt anwesend sein", sagte Faymann und weiter: "Ich möchte nicht erleben, dass wir eine chaotische Truppe werden, wo jeder dem anderen etwas über die Zeitung ausrichtet, statt vorbeizukommen und die Diskussion zu führen."
Gar nicht chaotisch, dafür ein wenig langatmig lief die sich über gut sechs Stunden ziehende Debatte der rund 190 eingebrachten Anträge ab. Immerhin brachte sie eine glatte Mehrheit für alle Leitanträge, was insofern nicht überraschte, als diese vor sozialdemokratischen Dauerbrennern wie ganztägige Gesamtschule und Millionärssteuer strotzten.
Antrag auf "Entkriminalisierung von Cannabis"
Überraschender war, dass man sich noch am Parteitag auf einen Initiativantrag einigte, der sich für eine Entkriminalisierung von Cannabis einsetzte. Ebenfalls nicht selbstverständlich war die Annahme eines Antrags, der sich für die Abschaffung des Landesfriedensbruchs einsetzte sowie einer weiteren Initiative, die Sanktionen für bei der Flüchtlingsaufnahme säumige Länder vorsieht.
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