Unter großem Medieninteresse begann am Mittwoch die Verhandlung zum zweijährigen – nicht rechtskräftigen – Aufenthaltsverbot für die Klimaaktivistin Anja Windl. Die 28-Jährige legte über ihren Anwalt Berufung ein. Streitpunkt ist, ob ihre Protestaktionen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellten und ein Aufenthaltsverbot rechtfertigen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Graz bleibt vorerst offen – das Urteil wird schriftlich ergehen.
Wie stark war die öffentliche Sicherheit durch die Protestaktionen von Anja Windl gefährdet, um zu rechtfertigen, dass die Klimaaktivistin des Landes verwiesen wird? Diese Frage prüfte am Mittwoch ein Grazer Gericht. Die dreistündige Verhandlung begann um 10 Uhr in der Grazer Außenstelle des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) mit der Befragung der gebürtigen Deutschen.
Die 28-Jährige zeigte sich irritiert, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), das ihr das Aufenthaltsverbot auferlegt hatte, „friedlichen Protest als sicherheitspolizeiliches Problem“ einstufe. „Dann wird nicht die öffentliche Ordnung gestört, sondern nur die politische Ruhe“, rechtfertigte die Studentin. Bei den Blockaden habe man zudem nie den fließenden Verkehr auf Autobahnen behindert. „So fetzendeppat sind wir nicht“, fügte Windl hinzu.
Ziviler Ungehorsam: Reicht das für ein Bleibeverbot?
Windls Anwalt Ralf Niederhammer bekräftigte vor Gericht zwar das Argument des „zivilen Ungehorsams“. Wer sich engagiere, könne dabei gegen Regeln verstoßen und damit auch die öffentliche Ruhe stören. Für ein Aufenthaltsverbot reiche das in seinen Augen jedoch nicht aus. Alleine die Übertretung einer Verwaltungsvorschrift bedeute keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Es gebe „einige wenige strafrechtliche Vorwürfe“ gegen seine Mandantin, sagte Niederhammer. „Diese stellen aber ebenfalls keine Gefährdung dar.“
Das BFA sieht in Windl eine abstrakte Gefährdung und der Vertreter bekräftige vor Gericht, die Feststellung, dass von Seiten der Aktivistin auch zukünftig von Störaktionen auszugehen sei. Auf die Frage der Richterin, ob sie in Österreich weitere Aktionen plane, betonte die 28-Jährige: „Nein, ich will ja in Österreich bleiben.“ Ob sie plane, ihre Proteste im Ausland fortzusetzen, erklärte sie klar: „Ja, in Deutschland schon.“ Erst vor einem Monat hatte sie sich vor einer Waffenfabrik festgeklebt, um auf Panzerlieferungen nach Gaza aufmerksam zu machen.
Windl räumte vor Gericht aber ein, sie werde ihr Verhalten „adaptieren“, da es ihr ein Anliegen sei, hier bleiben zu dürfen. An ihrer grundsätzlichen Haltung hält sie dennoch fest, daraus machte sie keinen Hehl. Sie bereue keinen Protest, an dem sie teilgenommen hat.
Zahlreiche Unterstützer vor Gerichtsgebäude
Kurz vor Beginn des Gerichtstermins hatten sich ein paar wenige Unterstützer gegen das Aufenthaltsverbot versammelt. Windl solle des Landes verwiesen werden, während immer noch diskutiert werde, „ob Klimaschutz zumutbar“ sei, hieß es in einer der Reden.
Es ist mir ein Anliegen, in Österreich verweilen zu dürfen. Entsprechend werde ich meine Methoden adaptieren.
Anja Windl zur Richterin
„Warum nicht auf eine andere Art, die keine Beschädigung nach sich zieht?“, fragte die Richterin. „Ich war auf genügend Demos mit hübschem, buntem Schild“, antwortete Windl. Von anderen Bewegungen wie „Fridays For Future“ habe sie sich zum Zeitpunkt ihres Engagements bei der „Letzten Generation“ „nicht mehr abgeholt gefühlt“. Ihr sei es darum gegangen, eine Diskussion anzustoßen.
Entscheidung bleibt vorerst offen
Da sich die Richterin auch die Möglichkeit offen lassen wollte, den Ausgang des Strafverfahrens gegen die Aktivistin abzuwarten, gab es vorerst kein Urteil. Wie das Gericht am Nachmittag erklärte, solle die Erkenntnis zum Aufenthaltsverbot jedenfalls schriftlich zugestellt werden. Wann das der Fall sein wird, war nicht klar.
Wird die Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot abgewiesen, besteht auch die Möglichkeit, dass die Studentin nicht am Strafprozess wegen des Verdachts der schweren Sachbeschädigung sowie Sachbeschädigung am Wiener Landesgericht teilnehmen kann. Für den Prozess, der im Frühjahr starten soll, gibt es noch keinen Termin. Wobei ihr Anwalt Ralf Niederhammer am Mittwoch betonte, dass im Fall einer Abweisung der Beschwerde noch immer die Möglichkeit eines Rechtsmittels bestehe.
Vorwurf der „querulatorischen Neigung“
Windl lebt seit Herbst 2017 in Klagenfurt. Die bayrische Studentin gilt als eines der Gesichter des im August 2024 aufgelösten österreichischen Ablegers der Klimaschutzbewegung „Letzte Generation“. Zum Aufenthaltsverbot war es im vergangenen März nach einem mehr als zwei Jahre andauernden fremdenrechtlichen Verfahren gekommen. Das BFA wirft der 28-Jährigen eine „massiv querulatorische Neigung“ sowie eine „weitreichende Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung“ vor.

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