Die Autobranche steht unter Druck. 1500 Jobs hängen in Graz nur an der Produktion der G-Klasse von Mercedes-Benz, bis 2029 ist der Standort gesichert. Kann der Luxus-Geländewagen die Zeitenwende überstehen?
„Vertraue nicht mir“, sagt Instruktor Peter Bauregger, „vertraue dem G!“ Zugegeben, wenn man bei 35 Grad Seitenneigung im Gurt hängt, ist das erstmal nicht leicht. Oder wenn drei von vier Reifen im Gelände in der Luft hängen und der eine verbliebene auf nassen Steinen um Grip kämpft. „Kämpfen!“, sagt Bauregger. „Mit einer G-Klasse gibt es nur eine Richtung, und zwar nach vorne.“ Und tatsächlich: Der Geländewagen kriecht weiter.
Das G-Class Experience Center in Feldkirchen bei Graz ist der Ort für Fans des legendären Puch G, wie er in der Steiermark immer noch gerne genannt wird. Pisten mit 80 Prozent Steigung, Wasserbecken, Slalom und Schleuderplatte mit einem 300.000-Euro-Auto? Das ist nichts für schwache Nerven.
Wer einen fabrikneuen G kauft, kann ihn persönlich vom Werk abholen – und verbringt meistens noch einen Tag auf diesen Teststrecken. Hier lernen Käufer das Auto kennen und gehen an seine Limits, aber auch Fans sind willkommen. Selbst das Schokomousse wird hier in Form eines Geländewagens serviert.
1500 Arbeitsplätze bei Magna hängen an der G-Klasse
Kann die steirische Wirtschaft auch auf den G vertrauen? In der Halle 12 von Magna Steyr in Graz rollen die Karosserien im Schneckentempo durch das Werk – und zwar seit 46 Jahren und gesichert bis mindestens 2029. 1500 Arbeitsplätze hängen nur an diesem Auto. „Jeder einzelne der über 600.000 G kommt hier raus“, sagt Instruktor Gerald Feichtinger bei der Tour durch die Halle. Südseeblau, Obsidianschwarz: „Dieser rechts gelenkte Weiße könnte nach Japan gehen, die sind dort sehr beliebt.“ So gut wie alles ist hier Handarbeit – vom Einheben des Motors bis zum Nähen der Lederhaut für die Sitze. Hundert Arbeitsstunden dauert es, bis der Geländewagen fertig gebaut ist – immerhin mindestens doppelt so lang bei der ebenso luxuriösen S-Klasse.
Während Mercedes-Benz Strafzölle, Chip-Krise und Konkurrenz aus China Schwierigkeiten bereiten, zeigen die aktuellsten Zahlen aus dem dritten Quartal 2025 bei S- und G-Klasse Lichtblicke: Der Absatz steig um zehn Prozent. Nichtsdestotrotz muss der Konzern bis 2027 fünf Milliarden Euro sparen – auch Mitarbeitern der Mercedes-Benz G GmbH in Raaba-Grambach wurden im Sommer „Golden Handshakes“ angeboten.
Vom Arbeitstier zur Luxuskarosse
Die G-Klasse ist das Auto für den Weltuntergang. Was 1979 als „knorriges Arbeitstier“ begann, wie Instruktor Gerald Feichtinger sagt, ist heute ein ultraluxuriöses Auto. Es kann 100 Prozent Steigung erklimmen, durch 70 Zentimeter tiefes Wasser fahren, kippt bei 35 Grad Seitenneigung nicht um – und hat Massagesitze. Am Grazer Hausberg wird jedes Modell über 3500 Kilometer an Stock und Stein gejagt, bis es offiziell „Schöckl Proved“ ist.
Die G-Klasse kommt bei der australischen Feuerwehr genauso zum Einsatz wie bei Rheinmetall, wo sie als „Caracal“ für den Kriegseinsatz weiterentwickelt wird. Der Papst fährt eine vollelektrische, perlmuttfarbene G-Klasse. Und Stars wie Kylie Jenner fahren die Karosse von Calabasas nach Malibu.
Ist jedes Feature unbedingt notwendig? Der 2024 vorgestellte vollelektrische G kann etwa den sogenannten „G-Turn“ – er dreht sich auf der Stelle. Auf öffentlichen Straßen ist das nicht erlaubt, auf trockenem, festen Untergrund nicht empfohlen, auf der bewässerten Fläche in Experience Center eine Spielerei, scheinbar an den Grenzen der Physik, die an ein Fahrgeschäft erinnert. „Wie Ponyreiten für Erwachsene“, sagt ein Teilnehmer der Gruppe. Nur vertrauenswürdiger.
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