Oberösterreich an Bord

„Glorreiche Sieben“ trafen sich in Südafrika

Oberösterreich
08.11.2025 09:00

Das Westkap zeigt, wie eng wirtschaftlicher Fortschritt und soziale Spannungen verflochten sind. Zwischen Hochhäusern und Townships, Hoffnung und harter Realität, sucht Südafrika nach Wegen in eine nachhaltige Zukunft – mit sieben internationalen Partnern, darunter auch Oberösterreich, an seiner Seite.

Im südlichen Zipfel Afrikas erstreckt sich das Westkap – eine Provinz, die auf den ersten Blick wie ein Erfolgsmodell wirkt: pulsierende Städte, florierende Dienstleistungsbranchen, ein internationales Flair. Doch hinter dem glänzenden Bild brodelt ein Spannungsfeld aus wirtschaftlicher Stärke, politischem Anspruch und sozialen Widersprüchen.

Die Schatten der Vergangenheit sind unübersehbar: Historisch gewachsene Ungleichheiten aus der Apartheid prägen bis heute den Alltag. Wohnungsnot, marode Infrastruktur und eingeschränkte Bildungschancen sind für viele Realität. Vor den Toren Kapstadts werfen die Armenviertel (Townships) lange Schatten auf die prosperierende Metropole. Entlang der Flughafen-Autobahn reihen sich Wellblechhütten aneinander, Dixi-Toiletten markieren die improvisierten Straßenfronten. Menschen warten auf Gelegenheitsjobs oder eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt.

Wellblech-Häuser auf engstem Raum charakterisieren die Armenviertel, die in Westkap „Townships“ ...
Wellblech-Häuser auf engstem Raum charakterisieren die Armenviertel, die in Westkap „Townships“ genannt werden.(Bild: Picasa)

60 Prozent der Jugendlichen arbeitslos

Für die ärmere Bevölkerungsschicht verschlingt der Weg zur Arbeit oft mehr als ein Drittel des Einkommens – sofern überhaupt eine Beschäftigung vorhanden ist. Mit einer Arbeitslosenquote von knapp 20 Prozent liegt das Westkap aber immer noch unter dem südafrikanischen Durchschnitt von 30 bis 40 Prozent (bei Jugendlichen sogar bei 60 Prozent).

Die wirtschaftliche Basis ist stark von Kohle geprägt: 80 Prozent des Stroms stammen aus Kohlekraftwerken, die zugleich wichtige Arbeitgeber sind. Das Verschwinden fossiler Energiequellen würde nicht nur die Klimabilanz verbessern, sondern auch zahlreiche Arbeitsplätze gefährden. Parallel dazu stellt die hohe Kriminalität eine alltägliche Bedrohung dar: Mit durchschnittlich 70 Morden täglich gehört Südafrika zu den Ländern mit den höchsten Mordraten weltweit. Wer es sich leisten kann, bucht private Sicherheitsfirmen. „Mein Arbeitstag endet um 18.30 Uhr – nach Einbruch der Dunkelheit sollte man Straßen grundsätzlich meiden“, berichtet der Tiroler Wirtschaftsdelegierte Martin Meischl, der seit fünf Jahren in Johannesburg lebt.

Millionenschwere Strandvillen im Vorort Camps Bay zeigen die schöne und vor allem reiche Seite ...
Millionenschwere Strandvillen im Vorort Camps Bay zeigen die schöne und vor allem reiche Seite des Westkaps.(Bild: stock.adobe.com null)

Söder bezeichnet Allianz als „glorreiche Sieben“
Trotz aller Herausforderungen ergibt sich ein ambivalentes Bild: Das Westkap zieht Investoren an, wächst wirtschaftlich und setzt auf Innovation. Gleichzeitig zeigt sich, dass Wachstum allein nicht genügt. Soziale Teilhabe, Infrastrukturgerechtigkeit und der Zugang zu Chancen bleiben Schlüsselaufgaben für die Zukunft.

Premierminister Alan Winde, Gastgeber des diesjährigen Forums „Regional Leaders’ Summit“, setzt auf die Kraft der sogenannten Power-Regionen, die Bayerns Ministerpräsident Markus Söder als die „glorreiche Sieben“ bezeichnete und zu denen auch Oberösterreich zählt. „Die sieben Partnerregionen stellen eine kleine Welt dar, die Verantwortung für die große Welt hat“, sagt Landesrätin Michaela Langer-Weninger, die Oberösterreich in Kapstadt vertreten hat. In schwierigen Zeiten gemeinsam neue Chancen zu schaffen, sei die Königsdisziplin politischer Verantwortung. Klimaschutz und technologische Innovation müssen dabei Hand in Hand gehen, so die Botschaft.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und OÖ-Landesrätin Michaela Langer-Weninger.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und OÖ-Landesrätin Michaela Langer-Weninger.(Bild: privat)
Landesrätin Michaela Langer- Weninger mit Westkap- Premierminister Alan Winde.
Landesrätin Michaela Langer- Weninger mit Westkap- Premierminister Alan Winde.(Bild: Margot Haag)

Grüner Stahl als Zukunftsprojekt
Die Expertise Oberösterreichs stieß bei den Partnerregionen auf großes Interesse – etwa, wenn es um Recycling, Green Tech und Smart Farming geht. Premierminister Winde plant etwa den Kauf eines stillgelegten Stahlwerks, das mithilfe der Voest künftig grünen Stahl produzieren könnte. „Für Oberösterreich wäre es spannend, grünen Wasserstoff aus dem Westkap zu beziehen“, so Langer-Weninger. Gleichzeitig wollen internationale Partner wie etwa der US-Staat Georgia und auch das Westkap von Oberösterreichs nachhaltiger Landwirtschaft lernen.

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Was man von den Menschen in Südafrika lernen kann, ist ihre positive Einstellung. Wenn man sieht, wie die Leute hier leben und trotzdem zufrieden sind, ja selbst einfachste Jobs mit Begeisterung erledigen – das beeindruckt mich. Das sehen wir in unserem Unternehmen, aber auch im ganzen Land. 

Manfred Hackl, Geschäftsführer von EREMA, beschäftigt aktuell 30 Mitarbeiter am Standort Johannesburg

Ein Beispiel aus der Praxis ist die EREMA-Gruppe, Spezialist für Kunststoff-Recycling. Am Standort Johannesburg beschäftigt das Unternehmen rund 30 Mitarbeiter und betreut Kunden aus ganz Südafrika. Geschäftsführer Manfred Hackl sieht großes Potenzial: „Mittel- bis langfristig wächst in Afrika der Markt für Recycling und Kunststoffaufbereitung. Wir wollen vorne mit dabei sein.“

Über die Regional Leaders‘ Summit
Wer die „glorreichen Sieben“ sind

Der „Regional Leaders’ Summit“ (zu Deutsch: Konferenz der Regierungschefs) ist eine Allianz der sieben „Power-Regionen“ Bayern, Georgia, Oberösterreich, São Paulo, Shandong, Québec und Westkap, die gemeinsam an Konzepten für eine nachhaltige und wirtschaftlich vernetzte Zukunft arbeitet. In den sieben Regionen wohnen insgesamt 187 Millionen Menschen, die ein Bruttoinlandsprodukt von knapp 3500 Milliarden US-Dollar repräsentieren. Mit 2,4% der Weltbevölkerung erwirtschaften sie 4% der globalen Wirtschaftsleistung.

2,5 Milliarden Menschen bis 2050
Während Europa mit rückläufigen Geburtenraten kämpft, wächst Afrikas Bevölkerung rasant – bis 2050 werden 2,5 Milliarden Menschen erwartet. Botschafterin Romana Königsbrun mahnt: „Bei all den Krisen dürfen wir Afrika nicht aus den Augen verlieren. Handelsbeziehungen zu diesem Kontinent müssen gepflegt und ausgebaut werden.“

Das Westkap ist ein Land der Kontraste: pulsierendes Leben und bittere Armut, wirtschaftlicher Aufschwung und soziale Härten liegen dicht beieinander. Wer die Region verstehen will, muss beides sehen – die glänzenden Fassaden ebenso wie die Schatten, die sich davor ausbreiten.

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