Machtwechsel in Kiew

Timoschenko-Vertrauter wird Interims-Staatschef

Ausland
23.02.2014 14:19
Die Tage von Viktor Janukowitsch als Präsident der Ukraine sind nun endgültig Geschichte. Am Sonntag bestimmte das Parlament in Kiew seinen Vorsitzenden Alexander Turtschinow zum interimistischen Staatschef. Die Abgeordneten stimmten dafür, die Vollmachten des Präsidenten vorrübergehend auf den Parlamentschef zu übertragen.

Turtschinow ist ein enger Vertrauter von Julia Timoschenko und war erst am Samstag an die Spitze des Parlaments gewählt worden. Die Rada in Kiew hatte am selben Tag Präsident Janukowitsch abgesetzt, der danach in den Osten des Landes geflüchtet war. Nach den Parlamentswahlen 2007 war Turtschinow erster Stellvertreter der damaligen Premierministerin Timoschenko gewesen. Nun übernimmt er nach der Entmachtung Janukowitschs die Amtsgeschäfte, bis ein neuer Präsident gewählt wird.

Unterdessen wurden am Sonntag 64 festgenommene Demonstranten wieder freigelassen. Drei weitere würden vermutlich nach Gerichtsentscheidungen an diesem Montag entlassen, sagte der kommissarische Innenminister Arsen Awakow am Sonntag im Parlament. Außerdem betonte Awakow, er habe interne Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen 30 Mitglieder seiner Behörde einleiten lassen. Dabei gehe es um ihre Rolle bei den blutigen Straßenkämpfen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern in Kiew, bei denen mindestens 82 Menschen getötet worden waren.

Der Beauftragte für die Staatsanwaltschaft, Oleg Machnizki, kündigte an, alle Teilnehmer der blutigen Proteste in Kiew zu rehabilitieren und die Strafverfahren einzustellen. Es handle sich dabei nicht bloß um einen einfachen Straferlass.

Janukowitsch an Abflug nach Russland gehindert
Wo sich der abgesetzte Staatschef Janukowitsch aufhält, ist indes weiter unklar. Auch sein Vertreter im Parlament, Juri Miroschnitschenko, betonte, er wisse es nicht. Am Samstagabend soll sich Janukowitsch in Donezk aufgehalten haben und von der Grenzpolizei am Abflug nach Russland gehindert worden sein. Die Regierungsgegner hatten in der Nacht auf Samstag die Kontrolle in Kiew übernommen. Die Parlamentarier wollten später am Sonntag ein Verbot der bisher regierenden Partei der Regionen von Janukowitsch sowie der verbündeten Kommunisten diskutieren.

In Kiew ist die Lage derzeit ruhig. Mit Patrouillen bewacht die Opposition weiter die Barrikaden am Maidan. Dort hatte Timoschenko am Vorabend an die Menschen appelliert, mit ihrem Kampf nicht nachzulassen. Erst Neuwahlen, die für den 25. Mai angesetzt sind, könnten den Machtwechsel abschließen.

Russland zieht Finanzhilfe zurück
Russland zieht unterdessen erste Konsequenzen und legt die zugesagten Hilfstranchen für das durch die Aufstände wirtschaftlich gebeutelte Land auf Eis. Nach den monatelangen Massenprotesten befindet sich die Ukraine in akuter Finanznot. Russland hatte Kiew zwar Notkredite von 15 Milliarden Dollar zugesagt, doch nach einer ersten Auszahlung zog Moskau die weiteren Tranchen angesichts der jüngsten Entwicklungen zurück.

"Letze Woche haben wir darüber gesprochen. Aber seitdem hat sich die politische Lage dramatisch geändert. Jetzt müssen wir warten bis es eine neue Regierung gibt, bevor wir darüber eine Entscheidung fällen können", sagte der russische Finanzminister Anton Siluanow im Rahmen des G20-Treffens in Sydney.

Die USA, die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) sagten der daraufhin Hilfe zum Wiederaufbau der am Boden liegenden Wirtschaft zu. "Wenn die ukrainischen Behörden sich an den IWF wenden, sei es mit der Bitte um Beratung, sei es wegen Diskussionen über finanzielle Hilfen, gekoppelt an Wirtschaftsreformen, stehen wir selbstverständlich bereit", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde.

Schlittert das Land in die Pleite?
Die Ratingagentur Standard & Poor's hatte am Freitag vorausgesagt, das Land werde in die Pleite stürzen, sollte Russland seine Hilfe stoppen. Kiew muss in diesem Jahr noch 13 Milliarden Dollar an seine Gläubiger zurückzahlen.

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