Votum in der Schweiz

EU bedauert Ausgang und kündigt Maßnahmen an

Ausland
10.02.2014 06:18
Die Schweiz muss mit Maßnahmen der EU gegen die Auswirkungen der Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung" rechnen: In einer ersten Stellungnahme bedauerte die EU-Kommission den Ausgang des Referendums und kündigte an, "die Folgen dieser Initiative für die Gesamtbeziehungen" zu analysieren. Die Schweizer hatten sich am Sonntag in einer Volksabstimmung überraschend dafür ausgesprochen, die Zuwanderung aus der EU zu begrenzen. Mit 50,3 Prozent fiel die Zustimmung allerdings denkbar knapp aus.

Die EU-Kommission wies darauf hin, dass die sieben bilateralen Abkommen mit der Schweiz über Bereiche wie Freizügigkeit, Verkehr, Landwirtschaft, Forschung und öffentliche Ausschreibungen aus dem Jahr 1999 rechtlich miteinander verknüpft seien und nicht einzeln aufgekündigt werden könnten. Der Volksentscheid verletze das "Prinzip des freien Personenverkehrs".

EU-Parlamentarier: "Nicht widerspruchslos hinnehmen"
Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ermahnte die Schweizer, sie könnten nicht nur die Vorteile des großen europäischen Binnenmarktes für sich in Anspruch nehmen. Der Sprecher des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok, meinte gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Wir können das nicht widerspruchslos hinnehmen."

Der deutsche EU-Parlamentarier und Schweiz-Kenner Andreas Schwab bezeichnete das Resultat als ein "enttäuschendes Ergebnis". Mit dem Ja zur Initiative habe sie sich nun zunächst "aus Europa herausmanövriert". Mittelfristig müsse die Schweiz wohl ihren Entscheid nochmals überdenken, so Schwab. Klare "Nachteile für die Schweiz bei neuen Verhandlungen mit der EU" sieht der österreichische EU-Abgeordnete Hannes Swoboda.

Griechische Ratspräsidentschaft will mit Bern reden
Die griechische Ratspräsidentschaft drückte ebenfalls ihr Bedauern über den Volksentscheid aus und machte unmissverständlich klar, dass die Einführung von Kontingenten gegen das gültige Abkommen verstoße. Die Personenfreizügigkeit sei ein Prinzip, das hochgehalten und gefördert werden müsse, hieß es in einem Kommuniqué.

Gleichzeitig signalisierte die Ratspräsidentschaft aber Bereitschaft, sich mit der Schweiz an einen Tisch zu setzen: Die EU sei bereit, "mit der Schweizer Regierung zusammenzuarbeiten, um Wege zu finden", die Probleme anzugehen. Die griechische Präsidentschaft werde den Prozess in den EU-Institutionen und in den EU-Mitgliedsstaaten "eng verfolgen".

Proteste in mehreren Städten
Viele Eidgenossen haben am Sonntagabend in der Schweiz ihre Enttäuschung über die Annahme der Initiative der SVP "Gegen Massenzuwanderung" mit spontanen Kundgebungen zum Ausdruck gebracht. Zu größeren Demonstrationen kam es in Zürich, Bern und Luzern. In Zürich zogen rund 700 Personen vom Helvetiaplatz durch den Kreis 4 nordwestlich der Innenstadt, später riegelten Polizisten in Kampfmontur den Weg in die Innenstadt ab.

Die Demonstranten hätten sich weitgehend friedlich verhalten, teilte die Stadtpolizei Zürich mit. Einzelne hätten jedoch Feuerwerk gezündet, Fassaden besprayt und Steine gegen ein Gebäude geworfen. Der Sachschaden wird auf einige Tausend Franken geschätzt.

Lob von Front National und Unabhängigkeitspartei in GB
Lob erhielten die Schweizer Stimmberechtigten hingegen von den Rechtspopulisten und EU-Skeptikern für ihren Entscheid: Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders fand das Abstimmungsresultat auf Twitter "fantastisch". "Was die Schweizer können, das können wir auch."

Die Französin Marine Le Pen, EU-Parlamentarierin und Parteivorsitzende der rechtspopulistischen Front National, stieß ins gleiche Horn: "Die Schweiz sagt Nein zur Masseneinwanderung, bravo! Wird die EU nun Panzer schicken?"

Die EU-kritische britisch UKIP (United Kingdom Independence Party) twitterte, ihr Chef und EU-Abgeordnete Nigel Farage habe das Resultat in der Schweiz als "wundervolle Neuigkeit für die nationale Souveränität" bezeichnet. Farage selbst ließ per Twitter verlauten: "Die Schweiz kann eine Abstimmung über Immigration durchführen, weil sie nicht in der EU gefangen ist."

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