"Schnell und billig"

USA: Tod durch Erschießen statt Giftspritze?

Ausland
23.01.2014 11:31
Erst vor Kurzem musste ein Häftling in den USA einen qualvollen Tod sterben, weil die Behörden mit einem neuen Todes-Cocktail experimentierten. Angesichts des umstrittenen Einsatzes der Giftspritze fordern mehrere US-Politiker nun lautstark eine Alternative: den Tod durch Erschießen. Ein Erschießungskommando sei "humaner" und "am billigsten für den Staat", argumentiert etwa Bruce Burns, republikanischer Senator aus Wyoming. Munition ist in den USA günstig - und leicht verfügbar.

Die Debatte, Todeskandidaten via Schusswaffe hinzurichten, ist zwar nicht neu, ist aber seit der Exekution von Dennis McGuire wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. Bei der Hinrichtung des verurteilten Vergewaltigers und Mörders (siehe Story in der Infobox) war in der Vorwoche im Bundesstaat Ohio ein noch nie an einem Menschen getesteter Medikamentencocktail eingesetzt worden.

Der grausame Todeskampf des Mannes dauerte knapp 24 Minuten. Seine Kinder mussten zusehen, wie McGuire am Ende rund zehn Minuten röchelte, würgte, nach Luft schnappte und seine Hände zu Fäusten ballte, bevor er schließlich starb. Seine Angehörigen sprachen vom "schrecklichsten Moment ihres Lebens". Sie kündigten an, den Bundesstaat wegen Verstoßes gegen die Verfassung zu verklagen. Diese verbietet selbst bei schwersten Verbrechen eine "grausame und ungewöhnliche Bestrafung".

Kongressabgeordnete: "Erschießen geht schnell"
Als Vorschlag für eine "humane Hinrichtung" bringen nun mehrere US-Politiker den Tod durch Erschießen wieder aufs Tablett. In Wyoming und in Missouri sollen Gesetzesänderungen künftig eine Hinrichtung durch ein Erschießungskommando ermöglichen. "Erschießen geht schnell und ist nicht weniger human als eine Giftspritze", erklärt etwa Rick Brattin.

Der republikanische Kongressabgeordnete aus Missouri brachte in seinem Bundesstaat bereits einen entsprechenden Gesetzesvorschlag ein. "In meinen Augen leiden die zum Tode Verurteilten dabei sogar weniger als bei der bisher angewandten Methode", ist Brattin überzeugt. Nach den Vorstellungen des Republikaners soll beim Erschießen ein "Kommando aus fünf lizenzierten Gesetzeshütern" die Hinrichtung durchführen.

Und Brattin ist nicht der Einzige, der das Erschießen für die "humanere" Hinrichtungsmethode hält. Auch Burns ist von den Vorzügen der "Firing Squad" überzeugt: "Ein Grund, warum ich Erschießen jeder anderen Methode vorziehe, ist offen gesagt, dass es eine der billigsten für den Staat ist." Der Gesetzesentwurf des Republikaners, der auch Mitglied der Rechtskommission des Kongresses in Washington ist, soll am 10. Februar im Parlament von Cheyenne beraten werden.

Erschießungskommando billiger als Gaskammer
Derzeit können sich Todeskandidaten in Wyoming zwischen einer Giftspritze und der Gaskammer entscheiden. Allerdings habe der Bundesstaat, wie Burns laut einem Bericht der Associated Press erklärt, keine Gaskammer mehr, "und der Bau und die Instandhaltung würde viel zu viel Geld kosten". Er selbst findet diese Methode zudem "grausam und unangebracht" und plädiert deshalb für ein Erschießungskommando.

"In Utah haben sie das ja auch", gibt der Senator zu bedenken. In dem überwiegend von Mormonen bevölkerten Bundesstaat wurde zuletzt im Jahr 2010 ein Todeskandidat durch Erschießen exekutiert. Ronnie Lee Gardner hatte sich allerdings selbst für die Kugel entschieden (im Bild die Todeskammer, in der Gardner erschossen wurde). In Utah haben Häftlinge, die zum Tod verurteilt sind, die Wahl zwischen der Giftspritze und einem Erschießungskommando.

Todesstrafen-Experte: "Ohne Option verfassungswidrig"
Richard Dieter, Leiter des Death Penalty Center in Washington, glaubt allerdings, dass das Fehlen einer Wahlmöglichkeit, wie es sie in Utah gebe, als verfassungswidrig eingestuft werden könnte. Den Todeskandidaten mehrere Optionen zu bieten wie in Utah, sei demnach etwas völlig anderes, als ein Erschießungskommando einzusetzen, wenn die Giftspritze nicht verfügbar ist, so Dieter.

"Ich weiß nicht wie die Gerichte darüber entscheiden werden", so der Gegner der Todesstrafe. Dieter erwartet jedenfalls Komplikationen zum Vorteil der Todeskandidaten. Deren Anwälte würden zur Klärung der Frage, ob ein Erschießungskommando (ohne Option, Anm.) als "grausame und ungewöhnliche Bestrafung, wie es die Verfassung verbietet", ausgelegt werden könne, bis zum Obersten Gerichtshof gehen - und damit zumindest für ihre Klienten einen Aufschub des Vollzuges der Todesstrafe erreichen, ist Dieter überzeugt.

Die Optik, jemanden mittels Giftspritze "einschlafen zu lassen", habe dazu beigetragen, die Todesstrafe in den USA am Leben zu halten, merkt er an. Aber eine Rückkehr zu Erschießungskommandos oder weitere Situationen wie jüngst in Ohio könnten vielleicht das Pendel in die andere Richtung schwingen lassen, gibt Dieter zu bedenken.

"Hässlichkeit" als entscheidender Faktor
Auch Doug Berman, Rechtsprofessor an der Ohio State University und Experte für die Todesstrafe, glaubt, es werde letztlich darum gehen, wie viel "Hässlichkeit" die Mehrheit der US-Bürger bei Exekutionen tolerieren könne - denn der Fall McGuire habe gezeigt, dass die in Ohio angewendete Methode zwar funktioniere, aber eben "hässlich" sei.

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