Protest vor Spital

Ärzte des AKH Wien: “Belastung nicht mehr tragbar”

Österreich
21.01.2014 10:14
Mediziner auf der Straße: Dienstagmorgen versammelten sich vor dem Wiener AKH Hunderte Ärzte der Universitätskliniken beim Eingang zum Rektorats-Gebäudekomplex, um gegen die von Rektor Wolfgang Schütz mit Anfang des Jahres verordneten Journal-Nachtdienstreduktionen zu demonstrieren. Die Patientenversorgung werde schlechter, die restlichen Ärzte im Nachtdienst seien überlastet, hieß es.

"Personal-Raubbau heißt Medizin-Abbau", lautete der Slogan der "Betriebsversammlung" der Ärzte der MedUni Wien, die in der Spitalgasse im Bezirk Alsergrund neben dem Zugang zum Gebäudekomplex des Rektorates stattfand. Schütz wollte die Aula im Eingangsbereich des AKH nicht zur Verfügung stellen, also wurde vor dem Krankenhaus eine Bühne für die Redner aufgebaut.

"Die Belastung für die Ärzte ist nicht mehr tragbar"
Das Rektorat hat mit Anfang des Jahres elf Journal-Nachtdienste gestrichen, weitere sollen offenbar folgen. Der Betriebsobmann des wissenschaftlichen Personals der MedUni Wien, Thomas Perkmann, meinte: "Das AKH ist bisher nicht zusammengebrochen, weil das Personal alle Kürzungen aufgefangen hat. Wir glauben aber, dass wir jetzt an eine Grenze gestoßen sind. Die Belastung für die Ärzte hat ein nicht mehr tragbares Ausmaß erreicht." Man sei zu Gesprächen bereit, Personalreduktionen würden aber auch Leistungsreduktionen für die Patienten bedeuten.

Eine Teilnehmerin von einer der Universitätskliniken für Innere Medizin erklärte: "Es geht nicht mehr. Wir schauen nur noch in den Computer. Wir haben keine Zeit für die Patienten - und für die Ausbildung der jungen Kollegen schon gar nicht mehr."

Ärztekammer unterstützt den Protest
Der Protest der Ärzte findet seit seinem Beginn die volle Unterstützung der Wiener Ärztekammer. Präsident Thomas Szekeres: "Wir gehen nicht gern auf die Straße. Aber es gibt keine andere Möglichkeit." Rektor Schütz habe einfach elf Journal-Nachtdienste ohne entsprechende Planung gestrichen. Das treffe Ärzte und Patienten: "Es fehlen die Ärzte für wichtige Leistungen in der Nacht. Für Schmerzpatienten, für die Versorgung psychiatrischer Patienten, für die Versorgung gebärender Frauen. Dafür müssen die übrig gebliebenen Ärzte in der Nacht die doppelte Arbeit verrichten."

Auch der Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Wiener Ärztekammer, Hermann Leitner, unterstützte vehement die Anliegen der Ärzte der MedUni Wien: "Das Allgemeine Krankenhaus darf kein 'Allgemeines Krisenhaus' werden." Es sei Aufgabe der Wiener Gesundheitspolitik, für die entsprechende Betreuung der Patienten zu sorgen. Man könne etwaige Probleme nicht einfach den Ärzten aufbürden und die Kranken schlechter stellen.

Rektor Schütz hält an Kürzungen fest
Trotz der geharnischten Proteste der Ärzte seiner Universität zeigte sich Schütz bezüglich der Journal-Nachtdienstkürzungen unbeeindruckt. "Die Strukturreformen werden fortgesetzt, an der Anzahl der reduzierten Journaldienste wird fest gehalten", erklärte er in einer Aussendung. Die Umstrukturierungsmaßnahmen würden akute Notfälle nicht betreffen. Entgegen den Aussagen bei der Betriebsversammlung auf offener Straße am Dienstag sei "auch die Schmerzversorgung in der Nacht ist keineswegs gefährdet".

Stöger sieht Geschäftsführung in der Pflicht
Für Gesundheitsminister Alois Stöger ist der aktuelle Ärzteprotest eine Sache zwischen Geschäftsführung und den Ärzten. Es gehe um Arbeitszeitfragen, "die dort zu klären sind", meinte der Ressortchef am Dienstag. Er fühle sich zuständig für die Versorgung der Patienten, und "es sei natürlich die Aufgabe" der Krankenhausleitung, qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen, wenn Patienten Hilfe brauchen. "Wenn weniger Ärzte in der Nacht arbeiten, können mehr am Vormittag eingesetzt werden", so seine Logik. Jedenfalls sei die Arbeitszeitfrage im Krankenhaus zu regeln.

Mitterlehner hat Verständnis für Mediziner

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) bezeichnete den Protest als eine Sache zwischen Geschäftsführung und den Ärzten. Es gehe um Arbeitszeitfragen, "die dort zu klären sind", meinte der Ressortchef am Dienstag. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zeigte Verständnis für den Protest. Er wünscht sich eine Lösung des Problems, "das sicher nicht durch uns entstanden ist", und sah am Dienstag das Rektorat der Medizin-Uni Wien gefordert.

FPÖ-Wissenschaftssprecher Andreas Karlsböck sprach von einem Versagen des Gesundheitsministers, das Team Stronach unterstützte den Protest. Der Vorsitzende der Exekutivkommission der Primarärzte, Christoph Zielinski, erklärte bei einer Pressekonferenz der Österreichischen Krebshilfe, die Journal-Nachtdienstreduktionen seien schmerzhaft spürbar. Man habe immer versucht, dagegen anzukämpfen. Zielinski meinte aber auch, jedes Land müsse sich überlegen, was ihm wichtig sei: "Eine Spitzenmedizin kommt nicht von ungefähr." Die Gesundheitssprecherin der Grünen, Eva Mückstein, erklärte, dass "humane Arbeitszeiten" für Spitalsärzte den Patienten nicht schaden dürften.

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