Nach dem Aufkommen von Gewaltverdachtsfällen bei SOS-Kinderdorf weiten sich die bekannten Details im Falle des Tiroler Standorts Imst aus. Es seien „fünf Fälle von Verdacht auf Kindeswohlgefährdung“ an die Kinder- und Jugendhilfe gemeldet worden, bestätigte die Organisation. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck prüft nun einen möglichen Anfangsverdacht.
Die Vorfälle betreffen demnach den Zeitraum 2017 bis 2020 und würden sich auf das Fehlverhalten zweier Führungskräfte beziehen, teilte SOS-Kinderdorf auf APA-Anfrage mit. Damals sei es zu „Fällen von physischer und psychischer Gewalt und Fehlern in der Leitung“ gekommen, räumte die Organisation ein. Details dazu könnte man aus Gründen des Opferschutzes sowie Datenschutzes nicht nennen. Vier der Fälle seien bereits Ende November 2021 an die Kinder- und Jugendhilfe gemeldet worden, der fünfte Fall im August 2022.
Bisher nichts anhängig
In der Vergangenheit sei bei der Staatsanwaltschaft in der Causa nichts anhängig gewesen, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Mayr. Nun prüfe man einen etwaigen Anfangsverdacht, bei Vorliegen eines solchen würden Ermittlungen eingeleitet werden.
Interne Aufarbeitung
Die Fälle in Imst seien indes ebenso wie jene in Moosburg intern aufgearbeitet worden, hieß es seitens SOS-Kinderdorf. Man habe sich jedenfalls daraufhin von den Führungskräften in Imst getrennt, mittlerweile arbeite der Standort unter neuer Führung sowie in einer modernisierten Struktur. Auch gebe es nun verschiedene Meldestellen, Ombudsstellen für ehemalige Betreute sowie auch eine anonyme Whistleblower-Plattform.
Mit Jänner 2023 habe das SOS-Kinderdorf zudem eine neue verbindliche Kinderschutzrichtlinie eingeführt, teilte die Organisation mit. Die Ergebnisse der damaligen internen Aufarbeitung würden nun durch eine geplante unabhängige Kommission eingehend überprüft. In der kommenden Woche werde man dazu Details kommunizieren, hieß es.
Vorwürfe zu Kärntner Standort Moosburg
Nach schweren Vorwürfen gegen das SOS-Kinderdorf in Moosburg bei Klagenfurt hatte die Institution am Mittwoch eine „externe Evaluierung der Aufarbeitungsprozesse“ angekündigt. Die Wiener Wochenzeitung „Falter“ hatte am Dienstag über schwere Vorwürfe gegen die Einrichtung berichtet: So sollen Kinder und Jugendliche über Jahre hinweg misshandelt, eingesperrt und nackt fotografiert worden sein. Die Causa sei unter den Teppich gekehrt worden.
Das SOS-Kinderdorf betonte dazu: „Nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2020 wurde eine umfassende Bearbeitung eingeleitet.“ Man habe sich von Führungskräften getrennt und die inkriminierten Vorkommnisse „mithilfe externer Unterstützung umfassend aufgearbeitet“. Die Vorwürfe, die auf die Jahre 2008 bis 2020 zurückgehen, wurden in einer Studie festgehalten, die das SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben hatte. Die Ergebnisse wurden aber nicht veröffentlicht.
Strafe gilt als berichtspflichtig
Nun stellte die Oberstaatsanwaltschaft Graz klar, dass „die angeführte Studie von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt beigeschafft werden wird“. Die Strafsache werde als berichtspflichtig eingestuft, weil „wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftaten ein besonderes öffentliches Interesse besteht“.
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