Heinrich Bölls Meisterroman packt im Burgtheater als gelungene Übernahme aus Köln. Drei Ensemblezugänge glänzen dabei als Verwandlungskünstlerinnen.
Was wäre vom schandbar vergessenen deutschen Nobelpreisträger Heinrich Böll nicht alles zu lernen! Er hat eine Generation zum Pazifismus verpflichtet – keiner konnte Militärgedröhn und Rüstungswahn überzeugender auf das Elend der Daheimgebliebenen hochrechnen. Nur der Roman „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, der ihm noch etwas Nachleben garantiert, lässt sich nicht ins Heute übertragen: Die Formel „rechter Unratsjournalist verleumdet junge Frau als Terrorhelferin“ greift im digitalen Zeitalter nicht mehr. Hetze kommt aus allen politischen Richtungen, linke Terrorhelfer in Kumpanei mit arabischen Importnazis werden auf Filmfestspielen gefeiert.
Klugerweise also hat der Regisseur Bastian Kraft die Romanbearbeitung in den Siebzigerjahren belassen. Er rollt das Geschehen als packendes Gerichtsdrama auf. Die aus Köln übernommene Produktion stellt erstmals drei zugewanderte Spitzenkräfte ins Zentrum. Lola Klamroth, Rebecca Lindauer und Katharina Schmalenberg verkörpern auf hohen Videowänden mit furioser Verwandlungskunst sämtliche Rollen, die sie auf der Bühne lippengenau synchronisieren. Dass sie anfangs hinter ihren Filmbildern verschwinden, ist die eine Krux. Unter Niveau logiert das Pop-Gebrüll, ohne das keine Inszenierung mehr auskommen will. Doch das verhallt. Was bleibt, ist der Nachklang einer erstklassigen Aufführung.
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