Ungewöhnliches Bild im Wiener Landl: Ein Justizwachebeamter in Uniform und sein Kollege sitzen vor dem Richter – als Angeklagte. Die beiden 38-Jährigen sollen laut Staatsanwaltschaft einem Neuankömmling in der JA Josefstadt mehrere Rippen gebrochen haben. Oder war es doch der Judo-Wurf der Polizeibeamten?
Unzählige Male standen die beiden Männer im Wiener Landesgericht bereits vor einem Richter, saßen auch auf der Anklagebank – als Justizwachebeamte. Die Rolle, die sie in dem Prozess jetzt einnehmen müssen, ist ihnen aber neu. Im Saal 301 sind die zwei 38-Jährigen nämlich die Angeklagten.
„Selten in sechs Dienstjahren gesehen“
Die Beamten haben am 11. Oktober letzten Jahres – wie so oft – einen U-Häftling in der Justizanstalt Josefstadt entgegengenommen. Einen 32-jährigen Syrer, der wegen Suchtgifthandels von der Polizei festgenommen wurde. „Der ist so unter Drogen gestanden. Ich hab‘ das selten gesehen in meinen sechs Dienstjahren“, sagt einer der Justizwachbeamten vor Gericht. In seinem Blut wurde ein Sammelsurium an Substanzen gefunden.
Rippenbrüche durch Schläge und Tritte?
Was die Amtsärztin ebenfalls entdecken konnte: Verletzungen im Bauchraum. Ein Röntgen zeigte eine Serienrippenfraktur. Die der Vorbestrafte beim Polizeiamtsarzt einige Stunden zuvor aber noch nicht gehabt haben soll, da wurden nämlich zumindest äußerlich keine Verletzungen festgestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft deswegen nun den zwei 38-Jährigen, die den Neuankömmling in den Einstellhaftraum verbrachten, vor, ihn mit mehreren Faustschlägen und Tritten malträtiert zu haben.
Die Angeklagten, einer sitzt sogar in Uniform vor dem Richter, streiten das vehement ab. „Ich glaube, dass es im Zuge der Amtshandlung der Polizeibeamten zu diesen Rippenbrüchen kam. Aber nicht durch Schläge meiner Mandanten“, plädiert Verteidiger Mirsad Musliu. Bei der Festnahme hätten die Polizisten den Syrer nämlich mittels „Gleichgewichtsbruch“ überwältigen müssen – dabei wird der Verdächtige am Kragen gepackt und über die Schulter zu Boden gebracht. Gebrochene Rippen seien da nicht auszuschließen.
Das mutmaßliche Opfer hat es sich indes anscheinend in der JA Josefstadt gemütlich gemacht. Zum Drogenhandel im Oktober kam nämlich noch ein Widerstand gegen die Staatsgewalt dazu, weswegen er nun im Gefängnis sitzt. In den Verhandlungssaal wird er von Kollegen der Angeklagten gebracht. Um zu klären, woher seine Verletzungen kamen, werden mehr Zeugen benötigt und auch ein medizinisches Gutachten steht im Raum. Also wird vertagt.
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