Mit einem sprichwörtlichen blauen Auge ist am Dienstag ein Wiener Zahnarzt (74) davongekommen. Am Landesgericht wurde er vom Vorwurf freigesprochen, einer Patientin ein Implantat ohne Röntgen eingesetzt zu haben. Die 48-jährige Frau litt monatelang, weil ein verrutschtes Implantat in ihrer Kieferhöhle landete.
Der 74-Jährige bezieht zwar Pension, behandelt aber weiter Privatpatienten und verdient damit bis zu 6.000 Euro netto im Monat. Einer Verurteilung entging er trotzdem – obwohl der Gutachter klar festhielt: „Nicht das Verrutschen des Implantats war das Problem. Das Nichtentfernen des Implantats war das Problem.“
„Er hat mich abgewimmelt“
Statt die Frau sofort in eine Klinik zu schicken, verschrieb der 74-Jährige nur Antibiotika und Schmerzmittel – und wimmelte sie immer wieder ab. „Er hat mich abgewimmelt“, sagte die Patientin. Der Zahnarzt habe ihr sogar erklärt, die Schmerzen würden „von alleine weggehen“.
Angeklagter übernimmt Verantwortung
Das dafür ursächliche Implantat wurde erst im Jänner operativ entfernt, nachdem die Frau einen anderen Zahnarzt konsultiert hatte. Der Angeklagte räumte vor Gericht ein, auf das Verrutschen des Zahnersatzes „nicht richtig reagiert“ zu haben. Er hätte „sofort überweisen“ müssen.
Trotz grober Fahrlässigkeit und Protest der Staatsanwältin ersparte der Richter dem 74-Jährigen eine Verurteilung. Begründung: Der Fall sei geklärt, der Angeklagte habe Verantwortung übernommen, seine Schuld sei nicht schwer.
Der Zahnarzt muss 8500 Euro Geldstrafe und 1000 Euro Schmerzengeld zahlen. Doch sowohl Staatsanwältin als auch Anwalt der Patientin legten Beschwerde ein – die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Nötige Dokumentation fehlte
Die Frau kam im Juli 2024 wegen Problemen mit einer Brücke zum 74-Jährigen. Er setzte ein Implantat – doch die nötige Dokumentation fehlte. Der Gutachter kritisierte: „Die Aufzeichnungen sind nicht so, wie man es sich von einem sorgfältigen Zahnarzt erwarten würde.“
Ein ordentlicher Zahnarzt würde sofort handeln.
SSachverständige
Bei der Nachbehandlung war für den Sachverständigen dagegen klar, dass diese mangelhaft war: „Er hätte unmittelbar reagieren und die Entfernung des Implantats veranlassen müssen. Ein ordentlicher Zahnarzt würde sofort handeln.“
Nach diesen Ausführungen sprach sich die Staatsanwältin entschieden gegen eine Diversion aus. Sie sah beim Angeklagten „eine schwere Schuld“. Dieser habe offensichtlich die Gesundheit der Patientin gefährdet, um eigene Fehler zu vertuschen.“ Außerdem sei der 74-Jährige „nicht mehr in der Lage, als Zahnarzt zu arbeiten“, sprach die Anklägerin die offenkundige Schwerhörigkeit des Mannes und weitere Auffälligkeiten an, die in der Verhandlung deutlich zutage traten.
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