Eltern auf Barrikaden

Neue Ganztagsschule sorgt für Wirbel in Oberwart

Burgenland
19.08.2025 19:00

Trotz 45-Millionen-Euro-Bildungscampus fehlt kurz vor Schulstart in Oberwart im Burgenland ein klares Konzept für die Nachmittagsbetreuung. Die SPÖ wirft dem Bürgermeister „Wortbruch“ vor. Die Stadt hat mittlerweile auf die heftige Kritik der Eltern reagiert.

Die Umstellung auf eine Ganztagsschule sorgt bei Eltern für massive Verunsicherung. Bereits im Juni haben Hortpädagogen Alarm geschlagen, die bisher die Nachmittagsbetreuung sicherten. Deren befristeten Verträge wurden zuerst von der Stadt gekündigt. Nun können sie als „Freizeitpädagogen“ zwar weiterarbeiten – allerdings mit geringerem Lohn.

Schluss nach Schulende oder erst ab 16 Uhr
Bis zuletzt hatten Eltern auch auf eine Mittagsgruppe mit Abholmöglichkeit ihrer Kinder um 14 Uhr gesetzt. Jetzt, vor Schulbeginn steht fest, diese Betreuungsmöglichkeit wird es nicht geben. Abholen dürfen Eltern ihre Kinder nur direkt nach Unterrichtsschluss oder ab 16 Uhr. Von der Gemeinde heißt es, dass die Betreuungszeit auf Wunsch sogar bis 17 Uhr verlängert wurde.

  Andere Eltern, die ihre Kinder nicht so lange in Betreuung lassen möchten, steigen auf die Barrikaden. „Das ist eine Katastrophe! Wer will mir verbieten, mein Kind um 14 Uhr abzuholen?“, sagt eine Mutter. Eine andere, selbst Lehrerin, ergänzt: „Ich kenne meinen Stundenplan erst in der zweiten Schulwoche, soll meinen Sohn aber schon bis 3. September anmelden.“ Viele Eltern stößt auch sauer auf, dass sie nicht wissen, an welchen Tagen Vereine die Freizeitgestaltung übernehmen – Planungssicherheit gibt es nicht. „Die Entscheidung kam viel zu spät, wir sind alle überrascht“, kritisieren sie.

Eltern planten mit Mittagsgruppe, das Aus dafür kam vor dem Schulstart
Noch im Juni seien Eltern von der Stadt informiert worden, dass es eine Mittagsgruppe geben werde. „Ich habe gefragt, aber keine klare Antwort bekommen“, sagt eine weitere Mutter. Eine andere berichtet von einer Mail des Amtsleiters: „Er wollte sich mit meinem Arbeitgeber in Verbindung setzen, um ihm das System zu erklären – völlig übergriffig.“

Zitat Icon

Wer den Bildungscampus zur Chefsache erklärt, muss auch dafür sorgen, dass alle Bereiche von Anfang an funktionieren. Statt Klarheit herrscht nun Verunsicherung und das auf dem Rücken der Familien.

SPÖ-Vizebürgermeister Michael Leitgeb

SPÖ-Vizebürgermeister Michael Leitgeb wirft dem ÖVP-Stadtchef jetzt vor, seine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben: „Das ist ein Wortbruch gegenüber den Familien. Statt rechtzeitig ein Konzept vorzulegen, war er mit Eigen-PR beschäftigt.“ Stadtrat Christian Dax fordert: „Einen Runden Tisch vor Schulstart mit Bildungsdirektion, Bürgermeister, Schulleitung und Eltern, um das Chaos zu lösen.“

Bildungsdirektor Alfred Lehner sieht die Aufregung gelassen: „Neues sorgt immer für Kritik. Aber die Ganztagsschule bietet mehr Qualität.“ Sie ermöglicht, dass Lehrer Schwächen der Schüler gezielt stärken könnten und auf individuelle Lernhilfen eingegangen werde. „Das Konzept bietet auch die Möglichkeit, Experten in die Vormittagsarbeit zu holen und den Unterricht flexibler zu gestalten. Auch die soziale Integration ist dadurch stärker möglich.“

Bildungsdirektor: Putzfrau oder Schulwart können Kinder betreuen
Zur Mittagsgruppe ergänzt er: „Das ist eine Serviceleistung der Gemeinde.“ Wenn diese Möglichkeit nicht angeboten wird, können rein rechtlich gesehen, auch Eltern, der Schulwart oder eine Reinigungskraft einspringen. „Jeder Standort bestimmt selbst, wie die Betreuung organisiert wird“, so der Bildungsdirektor.  

Wende am Dienstagabend: Gemeinde reagiert auf Kritik
Während Lehner auf die langfristigen Chancen des Modells verweist, zeigt sich nun auch auf kommunaler Ebene Bewegung in der Sache: Bürgermeister Georg Rosner kündigte am Dienstagabend eine glückliche Wende an. Kinder können künftig bis 13 Uhr in der Schule bleiben, so der Stadtchef. „Sie können dort zu Mittag essen und werden beaufsichtigt“, erklärt Rosner. Mit diesem Entgegenkommen reagiert die Stadt auf den klar erkennbaren Bedarf vieler Eltern, die ihre Kinder nicht bis 16 oder 17 Uhr in der Betreuung lassen wollen. Rosner richtet zugleich eine Botschaft an die politische Konkurrenz: „Wir brauchen keinen Runden Tisch – wir haben alles vorbereitet. Die Ganztagsschule haben wir gebaut, um dieses Modell auch zu leben.“

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt