Kritischer Bericht

EU bezahlt palästinensische Beamte, die nichts tun

Ausland
11.12.2013 15:15
Seit 2008 ist im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik über eine Milliarde Euro von der EU an die Palästinensische Autonomiebehörde geflossen. Geld, das den Palästinensern beim Aufbau eines lebensfähigen und eigenständigen Staates helfen soll. Mithilfe der finanziellen Zuwendungen werden unter anderem Beamte bezahlt und besonders hilfsbedürftige Familien unterstützt. Doch tatsächlich dürften damit Beamte Geld erhalten, die gar nicht zur Arbeit gehen, wie der EU-Rechnungshof nun kritisiert.

Einem Bericht der "Financial Times" zufolge gehen zahlreiche Beamte seit dem Streit zwischen der Hamas und der Fatah um die Macht im Westjordanland und im Gazastreifen aus Protest nicht mehr arbeiten - kassieren aber dennoch ihre Gehälter.

Das Programm PEGASE (Palästinensisch-europäischer Mechanismus sozioökonomischer Hilfe) sei dazu gedacht, der palästinensischen Bevölkerung zu helfen und dürfe nicht dafür verwendet werden, Beamte, die nicht arbeiten, zu bezahlen, lautet die heftige Kritik der Budgetaufseher in Luxemburg.

Rechnungshof fordert Überdenken der finanziellen Hilfe
In dem Bericht, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, fordert der Rechnungshof die EU-Kommission auf, das System der finanziellen Unterstützung der palästinensischen Gebiete neu zu gestalten und Geldzuweisungen an konkrete Fortschritte zu knüpfen. Außerdem sollen mithilfe transparenterer öffentlicher Ausschreibungen korruptionsanfällige Elemente im Rahmen der Finanzierung von Projekten eingedämmt werden.

Als besonders skurriles Beispiel wird in diesem Zusammenhang die Finanzierung eines Luxushotels im Gazastreifen genannt. Die Betreiber des Hotels sollen rund 2,5 Millionen Euro als Rückvergütung der Mehrwertsteuer erhalten haben. Bei der Kontrolle vor Ort habe sich jedoch herausgestellt, dass das Hotel nur teilweise in Betrieb war.

EU-Kommission verteidigt Palästinenser-Programm
Die EU-Kommission wies die nunmehrige RH-Kritik zurück. Trotz der schwierigen Bedingungen habe der Rechnungshof keine Belege für Korruption und Misswirtschaft gefunden, sagte der Sprecher des für Nachbarschaftspolitik zuständigen EU-Kommissars Stefan Füle.

Zum Vorwurf der Finanzierung untätiger palästinensischer Beamter sagte der Sprecher: "Viele dieser Leute werden daran gehindert, zur Arbeit zu gehen." Er erinnerte zudem daran, dass der von der Hamas regierte Gazastreifen nicht unter der Kontrolle der Palästinenserbehörde stehe.

Innerpalästinensischer Machtkampf als Grund für Stillstand
Tatsächlich sitzen, seit die Hamas im Juni 2007 die gemäßigtere Fatah von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas aus dem Gazastreifen vertrieben hat, etwa 70.000 ehemalige Angestellte der von Abbas kontrollierten Palästinensischen Autonomiebehörde zwischen dn Stühlen. Die Behörde überweist ihnen seit damals weiterhin jeden Monat das Gehalt, um den Anspruch auf die Macht im Gazastreifen aufrecht zu erhalten.

Die EU-Kommission hält dennoch an dem Palästinenser-Programm fest, das sie als "politisches Instrument" für die Erreichung der Zwei-Staaten-Lösung bezeichnet. Es ist daher unwahrscheinlich, dass der kritische Bericht einen fundamentalen Meinungswandel in Brüssel auslösen wird.

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