Klimawandel

Uni Graz eröffnet Forschungsstation in der Arktis

Österreich
01.08.2025 14:39

In Ostgrönland betreibt die Uni Graz seit 2024 eine Polarforschungsstation - bisher im Probebetrieb. In den letzten Wochen wurde sie fertig eingerichtet und ausgestattet und bietet nun Platz für bis zu 26 Forschende und Studierende unterschiedlicher Disziplinen.

Die letzten Arbeiten an der Forschungsstation der Uni Graz auf der ostgrönländischen Insel Ammassalik werden gerade abgeschlossen: Bei Temperaturen um die zehn Grad setzen die Handwerker knapp südlich des Polarkreises die letzten Handgriffe. „Sie kommen Mitte August zurück“, berichtete Trügler. Rund zwei Tage Anreise bzw. 3700 Kilometer trennen die Sermilik-Forschungsstation von Graz. Im August kommen die ersten Gäste – Forschende aus Wien, Dänemark und Norwegen sowie Studierende der FH Joanneum in Graz, schilderte der Leiter, der Grazer Physiker und Polarforscher Andreas Trügler.

Station im Osten Grönlands auf Insel Ammassalik
45 Tonnen Material in neun Schiffscontainern wurden in den vergangenen Wochen bis nach Tasiilaq gebracht. Der größte Ort in Ostgrönland ist jedoch noch immer einen Tagesmarsch von der Sermilik-Station entfernt, es gibt keine Straßen dorthin. Die Lieferung per Schiff ist in den Sommermonaten möglich, bleibt aufgrund der vielen Eisberge riskant, bei gutem Wetter sind auch Transportflüge mit dem Hubschrauber machbar.

Zur endgültigen Inbetriebnahme der Station gab es in diesem Sommer noch viel zu tun: Von der Fertigstellung der Inneneinrichtung bis zur technischen Installation der Fotovoltaik-Paneele und der Speicherbatterien. Bis auf wenige Tage im Jänner soll die Energie direkt von der arktischen Sonne kommen, nur für die Tage im Jänner und als Notfall-Energieversorgung kommen Dieselgeneratoren zum Einsatz.

Das Klima im hohen Norden ist die längste Zeit des Jahres rau – im Sommer sind es ein paar Grad über Null, minus 25 Grad im Winter. Es gibt sehr starke Fallwinde, kein Mobilnetz, nur Satellitentelefon. Aber auf einem Felsvorsprung im Sermilik-Fjord sei alles für die Forschung zum arktischen Klimawandel und seine Folgen vorhanden: „Gletscher im Vorfeld des Inlandeises, verschiedene Gletscherseen und Gebirge mit einer an die Umweltbedingungen angepassten Vegetation, Flüsse, die überwiegend vom Schnee und von den Gletschern gespeist werden, Eisbären und Wale und der große Fjord mit Anbindung an den offenen Atlantik“, schilderte Trügler.

Die Universität, die den Klimawandel, seine Folgen und die notwendigen Veränderungen und ...
Die Universität, die den Klimawandel, seine Folgen und die notwendigen Veränderungen und Anpassungen zu einem ihrer Forschungsschwerpunkte gemacht hat, betreibt damit als bisher einzige österreichische Universität eine Forschungsstation in der Arktis.(Bild: Uni Graz/Galovic)

Unternehmer Christian Palmers als Sponsor
Der bisher von der Uni Kopenhagen betriebene Standort am Fjord wurde von der Universität Graz mit Unterstützung des österreichischen Unternehmers Christian Palmers seit 2022 um einen Neubau ergänzt, den nun die Universität Graz betreibt. Gleich nebenan hat die Uni Kopenhagen noch ihre alte Forschungsstation. Die Universität, die den Klimawandel, seine Folgen und die notwendigen Veränderungen und Anpassungen zu einem ihrer Forschungsschwerpunkte gemacht hat, betreibt damit als bisher einzige österreichische Universität eine Forschungsstation in der Arktis.

Die Station steht für Forschende aus allen Disziplinen, die im Kontext der Kryosphäre – also der gefrorenen Teile unseres Planeten und den damit zusammenhängenden vielfältigen Herausforderungen und Fragestellungen – interessiert sind, offen. Trügler will die Sermilik-Station zu einem Ort interdisziplinärer und internationaler Zusammenarbeit weiterentwickeln: „Grundidee ist es, die einzelnen Komponenten des arktischen Ökosystems interdisziplinär zu betrachten.“ So mache etwa das Schmelzen der Gletscher den Klimawandel besonders sichtbar, aber es habe auch Auswirkungen auf andere Bereiche.

In Kooperation mit einem lokalen Unternehmen wurde bereits ein Arbeitsplatz vor Ort geschaffen.
In Kooperation mit einem lokalen Unternehmen wurde bereits ein Arbeitsplatz vor Ort geschaffen.(Bild: Uni Graz/Trügler)

Mehrwert für grönländische Bevölkerung
Die Universität Graz legt großen Wert darauf, dass die Forschungsaktivitäten auch einen Mehrwert für die lokale Bevölkerung in Ostgrönland bieten. „Unsere Forschung soll auch der Region nutzen“, formulierte es Trügler. So werden auch geisteswissenschaftliche und gesellschaftliche Projekte im Siedlungsraum unterstützt. „An der Uni Graz verstehen wir Wissenschaft als Partnerschaft auf Augenhöhe“, hielt dazu Rektor Peter Riedler fest.

In Kooperation mit einem lokalen Unternehmen wurde bereits ein Arbeitsplatz vor Ort geschaffen. „Unser ‘Mann für alle Fälle‘ ist Elektriker und lokaler Guide, er ist für die Sicherheit und Technik auf der Station verantwortlich. Er ist in Tasiilaq geboren, kennt die Region in- und auswendig und ist auch unsere Brücke zur weiteren lokalen Bevölkerung“, erklärte Trügler.

FH Joanneum erprobt Use Cases für arktische Technologie
Die ersten Gäste nach der technischen Fertigstellung sind eine Studierendengruppe der FH Joanneum, die bereits am Wochenende anreist. Das Institut Industrial Management organisierte die Expedition im Rahmen der neuen interdisziplinären Lehrveranstaltung „Arctic Technology“ und gründete dazu das Joanneum Arctic Expedition Team. Die sechs Studierenden und vier Lehrenden unterschiedlicher Studienrichtungen wurden aus rund 100 Bewerbungen ausgewählt. Sie wollen technische Prototypen für Anwendungsfälle in arktischen Regionen entwickeln, um beispielsweise die ganzjährigen Feldmessungen in der Arktis zu erleichtern. Ihre Use Cases wollen sie nun auf der bevorstehenden Expedition erproben.

„Etwas später im August erwarten wir eine Forschungsgruppe der Uni Wien sowie eine Gruppe von Masterstudierenden aus Dänemark und eine aus Norwegen. Und für das kommende Jahr haben sich auch bereits interessierte Forschende gemeldet“, freute sich Trügler über gut angelaufene Nachfrage. Die Uni Graz möchte zudem ein PhD-Programm für Polarforschung auf die Beine stellen, das für zehn bis zwölf Stipendiaten gedacht ist. Ein Platz davon soll speziell für grönländische Studierende gewidmet werden, so Trügler.

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