Im digitalen Zeitalter läuft vieles einfacher – zumindest für jene, die mit der Technik vertraut sind. Doch was passiert, wenn Menschen ohne Smartphone oder Internetzugang Hilfe benötigen? Der Fall von Frau R. zeigt eindrucksvoll, wie schnell sich moderne Kundenservice-Strukturen als Barriere entpuppen können.
Die 95-jährige Nordburgenländerin bekam kürzlich Post von ihrem Telefonanbieter. Der Inhalt: Eine Mahnung, weil sie ihre Rechnung nicht bezahlt hat. Sie müsse das jetzt nachholen, also warum nicht gleich einen Abbucher einrichten? Dann könne man nicht vergessen. Der Standardbrief der Firmen.
Nun, die Dame hat aber bezahlt. Zwar drei Tage über der Frist, das Geld für das Festnetztelefon sollte beim Telekommunikationsunternehmen aber bereits eingelangt sein. Ankommen des Betrages und Mahnbrief werden sich wohl überschnitten haben, dachte die 95-Jährige. Sie hätte das aber gerne überprüft und nachgefragt.
Fax oder Homepage, aber keine Telefonnummer
Nur: Wie? Auf dem Schreiben sind zwar ein QR-Code und eine Mailadresse sowie eine Faxnummer und ein Verweis auf die Homepage zu finden, Frau R. findet aber keine Telefonnummer. Sie hat weder ein Fax, noch ist sie Internet-affin – was mit 95 Jahren auch niemand mehr von ihr verlangen sollte. Also springt der Sohn ein. Gelangt zur Homepage. Startet dort mit dem Chatbot eine Unterhaltung.
Nächster Fehlschlag. Mailadresse und Benutzername werden verlangt. Frau R. hat aber keinen Online-Zugang. Kein Wunder mit 95 Jahren. Also anders probiert und das Schreiben noch einmal studiert. Moment: Nach langem Suchen findet der Sohn schließlich doch die Telefonnummer – allerdings erheblich kleiner als die anderen Kontaktmöglichkeiten und auch für ihn erst nach dem wiederholten Male ersichtlich.
Er ruft an und trifft auch hier auf keinen menschlichen Gesprächspartner, sondern auf eine weitere KI-Stimme, die darum bittet, in kurzen Worten das Anliegen zu schildern, damit zum richtigen Team verbunden werden könnte. Seine kurze Erklärung: „Frage wegen Mahnschreiben.“ Die Antwort der KI: „Wir schicken Ihnen gleich eine SMS mit einer E-Mail-Adresse, wo Sie sich hinwenden können.“
Die Frustration bei Familie R. ist groß, ihre Beschwerde deutlich: Sie fühlen sich vom System ausgeschlossen und im Stich gelassen. Am Ende war Frau R. so schlau wie zuvor und die Mahnung landete im Mistkübel. „Wo sonst, wenn man keine Chance bekommt, gehört zu werden?“, ärgerte sich der Sohn.
Anbieter kann Kritik nicht nachvollziehen
Auf Nachfrage bei der Firma direkt kam die Antwort: „Bitte verstehen Sie, dass für uns die Darstellung, man komme auch bei der telefonischen Serviceline nur zu einer KI, nicht nachvollziehbar ist. An der Serviceline arbeiten unsere Servicemitarbeiter, die unseren Kunden gerne persönlich weiterhelfen.“
Möglich. Wenn man die richtige Frage stellt. Was diesmal nicht der Fall war. Aber: Frau R. wurde aus Kulanz zumindest die Mahngebühr, die sonst schon auf dem Weg gewesen wäre, erlassen.
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