Bio-Branche fordert Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie und will so regionale Vielfalt stärken Wirte verstehen Regulierungshunger nicht und sind klar gegen eine Verpflichtung
Der Trend ist unbestritten: Konsumenten von heute wollen wissen, woher Lebensmittel kommen. Aber lässt sich das auch auf der Speisekarte realisieren?
„Bei uns ist das bereits tägliche Praxis“, sagt Sammy, seit zwei Jahren Wirt in „Das Seeham“, Bio-Adresse in Seeham. Kennzeichnung biete auch für Gastronomen einen echten Mehrwert. Es ermögliche bewusste Entscheidungen der Konsumenten, meint der Bio-Wirt, der seine Lieferanten auf der Speisekarte anführt. Wirte, die nicht in Österreich einkaufen, sollten das kennzeichnen müssen, meint er.Transparenz vom Feld bis auf den Teller gefordertDie Bio-Branche will eine verpflichtende Kennzeichnung der wichtigsten Produktgruppen wie Fleisch, Geflügel oder Eier. In Großküchen gibt es das schon seit September 2023.
Hans-Peter Kreiseder von der Salzburger Geflügelwirtschaft unterstützt die Forderung. Die Gastro setze großteils zwar schon auf österreichische Qualität. Bei länger haltbaren Produkten wie Flüssig- oder Trockenei komme aber oft Ware aus dem Ausland auf den Herd.
Unfairer Wettbewerb mit Billigimporten wie Eiern aus Polen oder Fleisch aus Übersee soll so verhindert werden. „Transparenz schafft Vertrauen und stärkt auch die heimische Landwirtschaft“, betont Andreas Schwaighofer, Geschäftsführer von Bio Austria in Salzburg. Biobauern stemmen bereits laufend Kontrollen. Schwaighofer: „Wir sind überzeugt, dass das auch die Wirte leisten können.“ Solange es keine verpflichtende Zertifizierung gibt, bleibe unklar, was im Wirtshaus wirklich auf den Tellern landet. Regionalität soll nicht zum Marketing-Gag verkommen, sondern auch in den Wirtshäusern gelebte Praxis sein.
Der neue Wirtesprecher in Salzburg Albert Ebner ist ein klarer Gegner: „Ich sehe es als unnötigen Regulierungshunger. Regionalität liegt ohnehin im Trend. Wir sind in Österreich in einer guten Lage, weil wir so etwas wie der Feinkostladen Europas sind“, meint er und will bei der Herkunftskennzeichnung auf der Speisekarte weiter auf Freiwilligkeit setzen.
Ebner: „Jeder kann dann selbst entscheiden, ob er es als Wettbewerbsvorteil nutzt oder nicht. Ich löse das bei mir im Hotel so, dass es in der Speisekarte einen generellen Hinweis auf die Lieferanten aus der Region gibt.“
Der Aufwand für eine weitere Dokumentationspflicht wäre seiner Ansicht nach nicht zu rechtfertigen. „Schon bei einem Gericht wäre eine ganze Litanei anzuführen. Wer braucht eine Speisekarte mit 70 Seiten? Man braucht nur an eine einzige Speise denken: Beim Schnitzel soll angeführt werden, woher Ei, Brösel, Mehl, Fleisch stammen? Das würde einfach zu weit führen.“
Im Moment wird die Regelung nur für einige Hauptgruppen gefordert. Das öffne weiteren Forderungen aber Tür und Tor, meint der Wirtesprecher. „Das freie Tun ist besser als die nächste Regel. Und ich glaube auch, dass die Landwirtschaft erhöhte Mengen nicht liefern könnte.“
In der Schweiz gibt es die Herkunftskennzeichnung bereits seit 20 Jahren mit dem Effekt, dass die Gastronomie generell mehr Zulauf habe, heißt es. „Ein sinnvoller Schritt“, sagt Ulrike Gangl, Bäuerin und Obfrau von Bio Austria in Salzburg.
„Die Gäste sollen wissen, was sie bekommen“, betont die Kollmannbäuerin aus Lamprechtshausen. Sorgen, dass die Landwirtschaft einen steigenden Absatz aus der Region gar nicht abdecken könne, sieht sie als unbegründet. „Ich glaube nicht, dass von einem Tag auf den anderen hundert Prozent aus Österreich nachgefragt werden.“ Bei einem kontinuierlichen Anstieg könne auch die heimische Landwirtschaft gesund mitwachsen.
Was oft vergessen wird: Die Standards, auch das Tierwohl betreffend, sind in Österreich hoch. Es geht der Bio Austria-Obfrau generell um die Transparenz: „Wenn Kunden trotzdem sagen: ,Mir ist der Preis am wichtigsten und ich esse deshalb lieber Fleisch aus dem EU-Ausland!’ ist das ihre Entscheidung.“
Ulrike Gangl: „Wirte könnten es ja auch als Chance sehen, sich noch besser abzuheben und damit für die Konsumenten attraktiv zu werden.“ Marketing-Aktionen wie „Salzburg schmeckt“, wo Gastronomen ein Monat lang regionale Menüs kredenzen, sieht sie kritisch. „Das ist eine viel zu kurze Zeitspanne!“
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