Tag eins nach dem Amoklauf von Graz: Die „Krone“ wollte wissen, wie die Schülerinnen und Schüler in Oberösterreich mit den Ereignissen umgehen. Beim Lokalaugenschein vor zwei Linzer Bildungsstätten haben viele Jugendliche zwar keine Angst, aber ein durchaus mulmiges Gefühl.
Am Tag nach der Bluttat von Graz wirkt beim „Krone“-Lokalaugenschein vor dem BRG Fadingerstraße in Linz auf den ersten Blick alles wie immer. Einzeln oder in Gruppen kommen Kinder zu Fuß, mit dem Scooter oder Mofa bei der Bildungseinrichtung an, verschwinden darin. Beim genauen Hinsehen fällt aber auf, dass die Fahne vor dem Gebäude auf halbmast hängt – ein Zeichen der Trauer nach dem Amoklauf mit elf Toten.
Mulmiges Gefühl
Ein komisches Gefühl ist da, bestätigt der 15-jährige Erik. „Auch ein bisschen Angst. Wir werden sicher heute im Unterricht darüber reden“, meint der Schüler. Nanda (18) findet die Situation ein wenig bedenklich, meint aber abschließend: „Wenn man nur mit Sorgen durchs Leben geht, kann man gleich daheim bleiben.“ Die Eingangstür an seiner Bildungseinrichtung sei untertags nicht verschlossen. Als die „Krone“ eine halbe Stunde nach Unterrichtsbeginn dort vorbeispaziert, ist die Tür sogar geöffnet.
In der Schule habe ich kein mulmiges Gefühl. Diese schreckliche Tat wird die Kinder sensibilisieren, sie werden aufmerksamer.
Markus W., Schulwart BRG Fadingerstraße
Bild: Horst Einöder/Flashpictures
Kein normaler Schultag
Auch vor der Linzer Khevenhüllerschule wirkt augenscheinlich alles unauffällig. Erst in den persönlichen Gesprächen wird deutlich: Es ist kein normaler Schultag. „Man versucht, das in den Hintergrund zu rücken, aber es ist extrem präsent“, sagt Gym-Professor David Hackl.
„Glaube an das Gute im Menschen“
Die Nachricht des Amoklaufs verbreitete sich am Dienstag während der laufenden mündlichen Matura. „Wir haben uns bemüht, es gegenüber den Maturanten außen vorzulassen“, sagt Hackl. Angst, in die Arbeit zu gehen, habe er keine: „Ich habe grundsätzlich den Glauben an das Gute im Menschen.“
Angst, in die Arbeit zu gehen, habe ich keine. Ich habe grundsätzlich den Glauben an das Gute im Menschen.
David Hackl, Lehrer Khevenhüllerschule
Bild: Philipp Stadler
Oberstufenschüler Moritz hielt der Amoklauf bis 1 Uhr wach: „Wir haben darüber nachgedacht, was wir in so einer Situation tun würden. Allein der Gedanke daran ist schon arg.“
Eine offene Schule, frei zugänglich für alle, wäre natürlich der Idealzustand. Doch leider ist das Leben kein Disney-Film. Dass wir bezüglich Amokläufen hierzulande keine Insel der Seligen bleiben werden, war absehbar. So wie es schon IS-Anschläge und Terrorattacken gab, hat uns jetzt auch ein Massaker aus dem Traum gerissen, dass zumindest unsere Schulen sichere Ort bleiben würden.
Leider ist zu befürchten, dass es irgendwann Nachahmungstäter geben wird. Diesen sollte man es nicht allzu leicht machen. Wie jedes andere Gebäude müssten auch Schulen künftig für Außenstehende zumindest verschlossen sein.
Versperrte Türen, Sicherheitsschleusen, Securitypersonal: Nach der Bluttat von Graz wird jetzt wieder darüber diskutiert, Schulen zu Hochsicherheitstrakts aufzurüsten.
Ideen, die meiner Meinung nach eher zur Verunsicherung als zum Sicherheitsgefühl der Kinder beitragen würden. Was will man aussperren? Das Böse, das überall lauert? Müssen die Kinder morgens dann früher kommen, um Kontrollpunkte zu passieren? In den USA wurden die Sicherheitsmaßnahmen an Schulen längst erhöht. Und trotzdem: Seit dem Jahr 2020 hat es dort vier Amokläufe mit insgesamt 34 Toten gegeben.
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