Unwetterereignisse und damit einhergehende Kosten setzen alpine Vereine massiv unter Druck. Die Betreuung des Wegenetzes ist trotz der vielen Ehrenamtlichen kaum noch bewältigbar. Zudem gehen auch Hüttenersatzbauten wie jene am Eisenerzer Reichenstein immer stärker ins Geld.
„Erst letzte Woche hatte ich ein Telefonat mit den Naturfreunden, die angefragt haben, ob wir ihnen eine Schutzhütte abkaufen könnten“, erzählt Clemens Matt, Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins, bei einem Pressegespräch am Donnerstag in Graz. „Können wir leider nicht, auch wenn wir es wollten, aber unser finanzieller Spielraum lässt dies unmöglich zu“. Was der Vorarlberger damit sagen wollte: Alle alpinen Vereine stehen mit dem Rücken zur Wand, nicht nur der Alpenverein als größter mit seinen 725.000 Mitgliedern.
Maßnahmen nach Unwettern gehen ins Geld
Die Gründe hierfür sind rasch erklärt: „Durch die steigende Anzahl an extremen Regenwasserereignissen ist es immer mehr Aufwand, das Wegenetz zu erhalten. Vor allem muss man bedenken, dass dies zum überwiegenden Großteil von Ehrenamtlichen erledigt wird“, sagt Matt. „In der Schweiz beispielsweise ist der Bund für die Wege verantwortlich, ein Kilometer wird hier mit 800 Euro budgetiert. Wir kalkulieren mit 60 Euro pro Kilometer – nur zur Relation.“
Keine einzige unserer Schutzhütten wirft einen Gewinn ab. Wir sind froh, wenn wir überhaupt noch Pächter finden.
Clemens Matt, Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins
Hinzu kämen unter anderem steigende Fixkosten. Werden neue Brückenbauten notwendig, gehe das ganz besonders ins Geld. Die Alternative: „Im schlechtesten Fall müssen wir Hütten aufgeben, Stützpunkte mit aller Gewalt zu erhalten, das geht sich heute einfach nicht mehr aus.“
Bundesweit gehen durchschnittlich bereits zwei Schutzhütten pro Jahr verloren, in der Steiermark betraf das zuletzt etwa die Mörsbachhütte in Donnersbachwald. „Als Selbstversorgerhütte gibt es das Haus zwar noch, aber offizielle Schutzhütte ist es keine mehr“, weiß Günter Riegler, Vorsitzender der Sektion Graz.
Der Klimawandel und seine Auswirkungen setzt den Alpinvereinen aber noch an einer anderen Stelle zu: „Durch den abschmelzenden Permafrost wurde zum Beispiel der Neubau der Seethalerhütte am Dachstein notwendig.“ Braucht es dann so wie in diesem Fall einen kompletten Ersatzbau, wäre das besonders kostenintensiv: „Unter drei bis dreieinhalb Millionen Euro ist das nicht mehr machbar“, berichtet Matt.
An einem aktuellen Beispiel in Tirol kann man sehen, was passiert, wenn Schutzhütten aufgelassen werden: Ein Liftbetreiber plant an der Stelle jetzt ein Luxushotel.
Clemens Matt
Hinzu kämen die gestiegenen Qualitätsanforderungen, ergänzte Riegler: „Früher waren die Wanderer dankbar, wenn sie eine warme Suppe bekommen haben und einen Schlafplatz hatten. Das ist heute anders.“ Man wäre schon froh, wenn man überhaupt noch Pächter für die Bewirtschaftung der Schutzhütten findet.
Reichensteinhütte wird abgerissen
Als nächste große Maßnahme steht übrigens der Neubau der Eisenerzer Reichensteinhütte an. „Bis Ende September ist das bestehende Haus noch offen, nächstes Jahr ist die Hütte dann geschlossen“, sagt Norbert Hafner, Vorsitzender des Landesverbandes Steiermark, auf „Krone“-Anfrage. Die Inbetriebnahme des neuen Hauses sei dann für 2027 geplant.
Eine erstmalige Indexanpassung der Mitgliedsbeiträge ist einer von vielen Punkten, der bei der Jahreshauptversammlung des Österreichischen Alpenvereins, die im Oktober mit etwa 500 Teilnehmern in Graz stattfindet, debattiert wird.
95 Millionen Euro notwendig
Da man das Budgetloch aber auch damit, sollte dies überhaupt vorgenommen werden, „nie und nimmer“ stopfen kann, ist man jetzt mehr denn je auf die Politik angewiesen: „Die alpinen Vereine benötigen ein Rettungspaket in der Höhe von insgesamt 95 Millionen Euro, um die Infrastruktur in den Bergen erhalten beziehungsweise bewahren zu können“, so Matt. Appell und eine dementsprechende Petition mit gut 100.000 Unterschriften wurden bereits im Vorjahr an die Bundesregierung gerichtet, bislang blieben konkrete Antworten aber aus.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.