„Komplett überfordert“

Wien: 22-Jährige erwürgte Neugeborenes in Hotel

Gericht
26.05.2025 16:01

Im Wiener Landesgericht geht der erste Prozess einer Serie von Kindestötungen über die Bühne. Die 22-jährige Angeklagte gebar im Dezember in einem Hotel in Simmering einen Buben. „Ich war komplett überfordert“, erklärt die junge Frau, warum sie den Säugling erwürgte. Sie fasst dafür nicht rechtskräftig 16 Monate bedingte Haft aus.

„Es war alles blutig und da war ein Baby. Und ich wusste nicht, was ich machen soll. Ich war komplett überfordert“, erinnert sich die mittlerweile 22-Jährige im Wiener Landesgericht an den 9. Dezember zurück. Der Tag, an dem sie auf der Toilette eines Hotels in Wien-Simmering ein Baby auf die Welt brachte. „Jetzt denk‘ ich mir, vielleicht hätte ich anders reagieren sollen.“ Die junge Frau habe sich nicht zu helfen gewusst, sie erwürgte das Neugeborene.

„Wusste nichts von Schwangerschaft“
An jenem Adventwochenende machte sie mit ihrem Freund einen Kurzurlaub in Wien, besuchte dort Christkindlmärkte. Bereits am Vortag setzten bei ihr bereits starke Unterleibsschmerzen ein. „Ich dachte, das ist, weil ich meine Tage bekomme. Ich wusste nichts von der Schwangerschaft“, beteuert die Angeklagte. „In den letzten Monaten ist es mir schon bissl komisch vorgekommen, weil ich zugenommen hab. Ich war einfach nur ein bissl speckiger. Ich hatte nicht den typischen runden Babybauch.“

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Ich hab‘ Angst gehabt. Ich wusste nicht, was ich sagen soll. Ich hab‘s verdrängt.

Angeklagte 22-Jährige im Wiener Landl

Erst auf der Toilette wurde ihr die Ursache der Schmerzen bewusst. Den toten Buben habe sie dann in Tücher, Müllsäcke und einen Pullover gewickelt. Eine besorgte Hotelangestellte entsorgte das Bündel dann unwissentlich. „Ich hab‘ gesagt, das sind schmutzige Tücher“, sagt die 22-Jährige. Erst im Spital stellten die Ärzte fest, dass die junge Frau unmittelbar vor der Einlieferung eine Geburt gehabt haben muss. Auch da stritt sie noch alles ab: „Ich hab‘ Angst gehabt. Ich wusste nicht, was ich sagen soll. Ich hab‘s verdrängt.“

Ausnahmezustand festgestellt
Etwas, was ganz typisch ist für das Delikt der Tötung eines Kindes bei der Geburt. Denn die Angeklagte sitzt nicht wegen Mordes vor den Geschworenen. „Sie war in einem psychischen und physischen Ausnahmezustand“, stellt der Staatsanwalt fest. Das bestätigt ein Sachverständigengutachten. Die 22-Jährige wird darin als „unreif, naiv, kindlich und ängstlich“ beschrieben.

Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith stuft die Angeklagte als typische Frau ein, die solch ein Delikt begehen würde. „Es sind die jüngsten Mütter, die hier in Erscheinung treten.“ Wie die 22-Jährige sind sie meist unbescholten, wissen von der Schwangerschaft nichts oder verdrängen sie. Roßmanith spricht von einem Gefühl der Einengung – „Sie denkt nur daran, wie kann ich das beseitigen.“ Klar ist jedoch: „Die Gefährdung, dass sie einem zukünftigen Kind etwas antun könnte, ist nicht gegeben.“

Deswegen und weil die Milderungsgründe überwiegen, fällt das Urteil mild aus: 16 Monate bedingte Haft – nicht rechtskräftig. „Es ist Ihr Kind gestorben, aber wir sind in einem absoluten Sonderfall“, begründet die vorsitzende Richterin Christina Salzborn. Sie empfiehlt auch: „Diesen Rucksack müssen Sie ihr Leben lang tragen und den sollten Sie, glaube ich, auch aufarbeiten.“

Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden oder von Suizidgedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefonseelsorge unter der Telefonnummer 142. Weitere Krisentelefone und Notrufnummern finden Sie HIER.
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